Lehrer und Bergarbeiter im Ausstand

Rußlands Kumpel und Pädagogen gehen auf die Straße und drohen mit einem Generalstreik. Sie fordern ihre ausstehenden Löhne. Darauf warten sie seit mehreren Monaten  ■ Aus Moskau Klaus-Helge Donath

In Rußland geht es wieder rund. Die Gewerkschaften, die 400.000 Bergarbeiter vertreten, erklärten gestern, ihre Mitglieder würden in einen unbefristeten Streik treten. Von 189 Gruben sollen sich mittlerweile 154 im Ausstand befinden. Anlaß sind erneut die rückständigen Lohnzahlungen, die die Schachtarbeiter der schlechten Zahlungsmoral der Regierung zur Last legen.

Bereits am Montag waren auch einige tausend Lehrer in einen Warnstreik getreten. Im äußersten Osten des Landes legten 20.000 Lehrer für drei Stunden die Arbeit nieder und zogen vor die örtlichen Behörden. Im zentralsibirischen Kemerowo im Kusbass-Gebiet beteiligten sich Lehrer von 500 Schulen an Protestaktionen. Eine Woche lang wollen sie im Ausstand bleiben, so die Ankündigung. Die Lehrergewerkschaften drohten für den 17. Dezember mit einem Generalstreik, sollte sich die Situation bis dahin nicht ändern. Die Zentrale in Moskau soll den Pädagogen mittlerweile bis zu acht Monatslöhne schuldig sein.

Etwas befremdlich ist, daß der ehemalige Parlamentschef von Kusbass und Kommunist Amman Tulejew, heute Minister für Soziales im Kabinett von Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin, noch keine Wege gefunden hat, seine Landsleute zu beruhigen oder finanziell teilweise zu befriedigen.

Nach Angaben aus Regierungskreisen sollen den Kohlebetrieben indes 200 Milliarden Rubel überwiesen worden sein, bis Ende der Woche sollen weitere 100 Milliarden und bis Ende des Jahres noch einmal 400 Milliarden folgen. Offenkundig wurden die Überweisungen nach Rücksprache mit der Weltbank getätigt, die Rußland bisher stets dazu angehalten hat, einen strikten Antiinflationskurs einzuhalten.

Arbeitsminister Gennadij Melikian nannte unterdessen eine Summe von 46,4 Trillionen Rubel (umgerechnet rund 12 Milliarden Mark), die die Regierung den Staatsbediensteten zur Zeit insgesamt noch schuldet. Weitaus bedenklicher ist die Situation im St. Petersburger Atomkraftwerk. Dort traten mehrere der Beschäftigten, die ebenfalls seit mehreren Monaten vergeblich auf ihre Löhne warten, in den Hungerstreik.

Rußlands größter Autohersteller „Awtowas“ befindet sich ebenfalls in finanzieller Bedrängnis. Die Regierung hatte angekündigt, das hochverschuldete Unternehmen für bankrott zu erklären. Die Automobilarbeiter im südrussischen Togliatti protestierten gegen diese Entscheidung. Das Unternehmen ist mit über 11 Trillionen Rubel verschuldet.