Der homosexuelle Mann ... Von Elmar Kraushaar

... ist nicht nachtragend. War das Verhältnis zwischen Schwulen und Polizei bislang – quasi naturgegeben – völlig zerrüttet, feiert man derweil den Beginn einer langen Freundschaft. Der „Schwulenverband in Deutschland“ (SVD), nach seinem Beratervertrags- Coup mit der Zigarettenfirma „West“, startet einen neuen Propagandafeldzug, diesmal mit der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Unter dem Titel „Liebe verdient Respekt“ läuft eine Plakataktion, die ein lesbisches, ein schwules und ein heterosexuelles Paar nebeneinander zeigt. Damit will man nicht nur gemeinsam gegen „antischwule Gewalt“ vorgehen, sondern auch für die Gleichwertigkeit „homosexueller und heterosexueller Beziehungsformen“ werben. Denn: „Basis für eine Beziehung ist grundsätzlich die Liebe zu einem Menschen“ (SVD).

Um die besondere Liebe zwischen Homosexuellen und Uniformierten geht es auch in dem gerade von Jens Dobler im Verlag rosa Winkel herausgegebenen Buch „Schwule, Lesben, Polizei – Vom Zwangsverhältnis zur Zweck-Ehe?“ Der Band im schicken Streifenwagengrün ist voll gutmeinender Plädoyers für die Mesalliance, und Dobler versprüht Optimismus: „Eine Liebesheirat muß es nicht sein, eine Zweck-Ehe würde reichen.“

Natürlich können die Autoren die schrecklichen Stationen der bislang unglückseligen Verbindung nicht verdrängen und berichten über die polizeiliche Verfolgung von Lesben und Schwulen im Laufe der letzten 100 Jahre. Doch unter dem Zwang, die Polizei künftig als edlen Rächer und Beschützer der von Gewalt bedrohten Minderheit zu sehen, läuft alles auf ein gelungenes Happy-End hinaus. Da wird den Beamten der 50er und 60er Jahre zugute gehalten, daß ihre Arbeit nicht gleichzusetzen war „mit den Praktiken der Gestapo und der Kripo während der NS-Zeit“. Und viel Verständnis – nicht die Opfer kommen zu Wort, dafür die Täter – wird dem Leser aufgedrückt bei den Erinnerungen eines Polizisten, der in den 60er und 70er Jahren Hamburger Schwule auf der Klappe verhaftete, nachdem er sie bei ihrem friedlichen Tun durch einen Einwegspiegel beobachtet hatte: „Obwohl wir für Festnahmen belobigt wurden, hatte ich bei solchen dieser Art durchaus kein Gefühl des besonderen Erfolgs.“

Derart personalisiert verschwindet der Polizeiapparat mit seinen unheilvollen Aufgaben im Orkus der Geschichte, zurück bleibt der einzelne Beamte, der sich fast auf gleicher Stufe wähnt mit seinen Opfern von einst: „Und wenn ich die Umstände von damals heute rückwirkend beurteile, dann hatte die Situation für alle Beteiligten etwas sehr Unwürdiges. Und zwar nicht nur für die Schwulen, die dort festgenommen wurden, sondern auch für uns, die wir dort hinter den Spiegeln standen und unseren dienstlichen Auftrag ausführten.“

Dabei geht einem das Herz auf, und Schwule wollen sich wieder einmal hervortun als Vorreiter für gesellschaftliche Trends: „Die Kooperation von Schwulen und Polizei“, hofft der Herausgeber, „sollte deswegen von der Polizei vor allem als eine Chance gesehen werden, den Weg zum Bürger zurückzufinden.“ Da bleibt nichts weiter, als auf die nächste Verbrüderungsattacke der Schwulen zu warten. Wie wäre es mit der Bundeswehr? Auch Soldaten tragen Uniformen.