■ Der Geheimdienstkoordinator Schmidbauer im Zwielicht
: Der Ersatz-Kinkel

Der Satz klang verräterisch. Es „wäre schön“, meinte Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer vor wenigen Wochen in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, wenn „wir den Posten eines Sonderbotschafters hätten, der einen von der alltäglichen Arbeit befreit“. Adressat seiner damaligen Klage war sein Duzfreund Richard Holbrooke, seines Zeichens erfolgreicher US-Beauftragter in Sachen Ex-Jugoslawien. Ein Mann also, der mit Rückendeckung seiner Regierung und mit offenem Visier Konfliktregionen zu befrieden hat.

Offenkundig ist das eine Rolle, in der sich Schmidbauer auch gerne sähe. In Kolumbien hat er offenbar Holbrooke nachzueifern versucht. Nicht allein um die Befreiung deutscher Geiseln aus Guerillafängen ging es Schmidbauer, sondern gleich um den ganz großen Coup: um eine Friedenslösung mit der Guerilla und, glaubt man den allerjüngsten kolumbianischen Berichten, auch um ein Abkommen mit von den USA gesuchten Drogenbaronen. In diesem weltpolitischen Szenario, das Stoff für einen schönen Hollywood-Film hergäbe, verblaßt dagegen die Figur Mauss, wird dieser im wörtlichen Sinne zu Schmidbauers „Privatagent“. Im Fall Mauss stellt sich die Frage: Erlag der Geheimdienstkoordinator seiner eigenen Hybris, oder handelte er mit Wissen des Kanzlers, sozusagen als dessen von Krisenherd zu Krisenherd reisender Ersatz-Kinkel mit Sakko und Sonnenbrille?

Nun ist der Umstand, daß Politik sich geheimer, dunkler Kanäle bedient, so alt wie die Politik selbst. Nicht erst seit Egon Bahrs Memoiren weiß man, daß Spitzenpolitiker an den Apparaten vorbei mit eigenen Mittelsmännern kommunizieren. Das ist schneller, manchmal auch effektiver, aber immer auch gefährlicher, weil die Betreffenden sich auf rechtlich dünnem Eis bewegen. Auch Hans-Jürgen Wischnewski, der als „Ben Wisch“ im Auftrag des damaligen SPD-Kanzlers Schmidt 1977 die Geiselbefreiung von Mogadischu vorbereitete, war ein Troubleshooter. Dessen Tätigkeit blieb im Gegensatz zu Schmidbauer nicht nur ohne Pannen, sondern auch stets berechenbar. Wischnewski war aber immer der Gesandte des Bundeskanzlers, eben der Mann Schmidts für jene Fälle, in denen die üblichen außenpolitischen Spielregeln nicht mehr weiterhelfen. Bei Schmidbauer aber bleibt alles im dunkeln und ungefähren, weil nie recht klar wird: Handelt er im Dienste seines Herrn oder schon seit langem auf eigene Faust? Severin Weiland