Irische Politiker kassierten Millionenbeträge ab

■ Premier John Bruton befürchtet jetzt Korruptionsverdacht gegen alle Parteien

Dublin (taz) – Der Skandal um Schmiergeldzahlungen an irische Politiker weitet sich aus. Die Wirtschaftsprüfer Price Waterhouse haben eine Liste von hundert Namen aus Politik, Wirtschaft und Medien zusammengestellt, die Geld von der zweitgrößten irischen Supermarktkette Dunnes Stores erhalten haben. Ein „ehemals hochrangiger Politiker“ hat umgerechnet 2,75 Millionen Mark eingesteckt: Es war der frühere Premierminister Charles Haughey von der größten irischen Partei Fianna Fáil. Das geht aus Informationen hervor, die der taz gestern zugespielt worden sind.

Haugheys lange Karriere war stets von Skandalen und Affairen begleitet. Mal waren es dunkle Finanzgeschäfte, mal angeblicher Waffenschmuggel für die IRA. Im Februar 1992 mußte er schließlich aufgrund einer Telefon-Abhöraffäre nach 40 Jahren von der politischen Bühne abtreten – als reicher Mann. Die Herkunft seines Wohlstands wurde allerdings nie so richtig bekannt. Der Bericht von Price Waterhouse hat nun etwas Licht in diese Angelegenheit gebracht.

Die Gelder für Haughey waren von dem damaligen Dunnes-Mitinhaber Ben Dunne auf verschiedene Londoner Bankkonten eingezahlt worden. Nach einem Familienstreit hat sich Dunne vor ein paar Jahren aus dem Geschäft zurückgezogen. Seine Schwester, die das Unternehmen nun leitet, hat den Price-Waterhouse-Bericht in Auftrag gegeben. Erstes Opfer wurde der Minister für Transport und Kommunikation, Michael Lowry von der Partei Fine Gael. Er hatte umgerechnet eine halbe Million Mark von Dunne für den Umbau seines Hauses kassiert. Am Wochenende mußte er zurücktreten. Die Opposition will nun wissen, welche Gegenleistungen er Dunne gegenüber erbracht hat.

Im Dubliner Parlament geht die Angst um. Premierminister John Bruton sprach vom „Geruch des Verdachts, der allen Parteien“ anhafte und forderte Dunnes Stores auf, den Bericht den entsprechenden Stellen zur Verfügung zu stellen. Ein Dunnes-Sprecher erklärte, man habe dem Finanzamt bereits Einsicht gewährt. Aus strafrechtlichen Gründen schrecken die irischen Medien offenbar davor zurück, Namen auf der Liste zu nennen. Ralf Sotscheck