Goldenes Bett für kranke Chefs

■ Eine Studie zeigt: Wenn Manager im Bett bleiben, brauchen sie eine Gehaltskürzung nicht zu fürchten

Berlin (taz) – Manfred Schneider aus Leverkusen, Jürgen Schrempp aus Stuttgart und Hilmar Kopper aus Frankfurt am Main sind drei Männer, die sich um eines keine Sorgen machen müssen: Sollten sie einmal krank werden, zahlt ihnen der Betrieb das volle Gehalt weiter. Die Lohn- und Gehaltskürzung auf 80 Prozent, wie sie das Gesetz seit dem 1. Oktober vorsieht, trifft die Vorstandsmitglieder der Bayer AG, von Daimler-Benz und der Deutschen Bank nicht.

Vorstände und Aufsichtsräte deutscher Konzerne sind vertraglich abgesichert. In neun von zehn Fällen zahlen größere Unternehmen ihrem Management nicht nur das Grundgehalt, sondern auch sogenannte „variable Vergütungselemente“, Gewinnbeteiligungen etwa, uneingeschränkt weiter. Dies hat eine Untersuchung der Unternehmensberatung Kienbaum ergeben. Sie wertete 1.700 Geschäftsberichte von Unternehmen aus und kam zu dem Schluß, daß hochgerechnet etwa 500.000 Vorstände und Geschäftsführer in der Bundesrepublik solche, vom Gesetz abweichenden Regelungen ausgehandelt haben. Auch nach sechs Wochen Krankenlager muß kaum ein Vorstandsmitglied fürchten, sein Leben aus einer eventuellen Krankenversicherung finanzieren zu müssen. „Das Krankengeld ... reicht für das Vorstandsmitglied zumeist nicht aus, um seinen gewohnten Lebensstandard aufrecht zu erhalten“, heißt es in der Studie. Denn auch die befürchteten „Versorgungslücken“ werden durch die exklusiven Verträge aufgefangen. Mindestens ein Jahr lang zahlen die Firmen die vollen Bezüge, einschließlich Tantiemen und anderer Zusatzleistungen. Oftmals haben sich die Manager sogar 18 Monate die uneingeschränkte Weiterzahlung ausbedungen.

Verwundern mag das nur diejenigen, die sich derzeit vor den Werkstoren einen Schnupfen einhandeln, weil sie für die volle Fortzahlung ihres Lohnes streiken. In den Führungsetagen der Firmen wird's leicht genommen. „Ich würde es als zutiefst ungerecht empfinden, mein Gehalt um 20 Prozent wegen einer Grippe gekürzt zu bekommen“, meint ein Sprecher der Bayer AG, „denn schließlich zahlt mir ja auch niemand meine Überstunden.“ Namentlich möchte er nicht genannt werden. „Damit kein Sozialneid aufkommt.“ Überhaupt sei Krankheit kein Thema bei der Führungscrew von Bayer. In den vergangenen 20 Jahren habe er es nicht einmal erlebt, daß ein Vorstandsmitglied länger als ein paar Tage krank gewesen wäre. „Man arbeitet, auch wenn es nur ein paar Stunden am Tag sind.“ Schließlich müsse die Arbeit erledigt werden: „Schluß, aus.“

Immer topfit und bei bester Gesundheit, scheint's. Wieviel Geld würde den Managern bei Krankheit gezahlt? Die Pressesprecher verweisen auf die Geschäftsberichte. Demnach bekam 1995 ein Vorstandsmitglied bei der Bayer AG 1,63 Millionen Mark, bei Daimler-Benz 1,71 Millionen Mark und bei der Deutschen Bank AG durchschnittlich 1,83 Millionen Mark. Heute, bei den Verhandlungen mit der IG Chemie, hat Manfred Schneider die Möglichkeit, sich für eine Gleichheit bei der Lohnfortzahlung einzusetzen. Für Schrempp und Kopper steht das Thema ab Montag an. roga