Wenn der Chef mit dem Gatten

■ Lehrer Mücke lebt offen schwul, und CDUler Hapel ist verheiratet. Beide fahren gut damit. Bleibt die Frage, ob Berlin ein Antidiskriminierungsgesetz braucht

Albert Eckert ist ein lebendes Beispiel für Diskriminierung. Er ist schwul. Er steht dazu. Er wollte Politik machen. Er ließ sich im März 1990 als Vizepräsident des Abgeordnetenhauses wählen. Er hielt zehn Tage durch. Dann trat er zurück. Er hatte genug von den Anfeindungen gegen ihn, den Schwulen. Die Springer-Presse hatte sich eingeschossen: Eckert, der Schönheitsmasseur, der mit einem Freund ein Studio betrieb. Igitt! Die CDU legte nach: Eckert, ein ehemaliger Strichjunge. Wie furchtbar! Der Diplompolitologe sieht's mittlerweile gelassen. „Es hat ein leichter Wandel gegenüber lesbisch-schwulen Lebensweisen stattgefunden.“

Am Donnerstag saß Eckert unter anderem mit CDU-Rechtsaußen Dieter Hapel an einem Tisch. Zur Debatte stand die Frage: Braucht Berlin ein Antidiskriminierungsgesetz? Die Bündnisgrünen sagen: Ja. Eines für alle gesellschaftlichen Minderheiten. Für MigrantInnen, Behinderte, Schwule und Lesben. Ziel ist es, unberechtigte Ungleichbehandlung zu unterbinden.

Diskriminierung im öffentlichen Dienst? „Ja, die gibt es“, sagt Klaus Timm von der ÖTV. „Ein Beamter auf Probe ist in diesem Jahr wegen seines offenen Schwulseins nicht ins Beamtenverhältnis übernommen worden.“ Das zu belegen sei natürlich schwierig, weil der Dienstherr immer andere Gründe vorschiebe. Timm nennt ein anderes Beispiel: Schwule in Spitzenfunktionen. „Stellen Sie sich vor, ein Chef nimmt mit seinem Gatten eine Repräsentationsaufgabe wahr.“ Es fehle an Toleranz, gerade auch in Wirtschaftskreisen.

Diskriminierung in der Schule? Detlef Mücke lehrt offen schwul an einer Neuköllner Gesamtschule, und er fährt gut damit. „Von Diskriminierung keine Spur.“ Problematisch sei die in Schulbüchern vermittelte Werthaltung durch stereotype Rollenbilder, Familienklischees und alte Vorurteile. „Da muß sich was ändern.“ Für ihn ist der Senat ein Gesetzesbrecher. Denn: In Paragraph 1 des Schulgesetzes steht: „Aufgabe der Schule ist es, alle wertvollen Anlagen der Kinder und Jugendlichen zur vollen Entfaltung zu bringen.“ Dazu zähle er die schwul-lesbische Identität.

„Verheiratet, zwei Kinder“ – so wird Dieter Hapel (CDU) vorgestellt. „Was wäre, wenn Ihr Kind homosexuell wäre?“ fragt Anne Klein, Exfrauensenatorin und Moderatorin des Abends. „Gegenwärtig stellt sich nicht die Frage“, unterstreicht Hapel und sagt dann, daß er von einem Antidiskriminierungsgesetz nichts halte. Die im vergangenen Jahr verabschiedete Verfassung mit Artikel 10, „Niemand darf wegen... seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden“, reiche doch aus.

Pro und Contra eines Abends. Anne Klein plädierte zum Schluß noch einmal für das Gesetz. „Das ist wie mit der Frauengleichstellung. Schauen Sie sich an, was wir da erreicht haben!“ Ein ähnliches Signal werde von einem Antidiskriminierungsgesetz ausgehen. Jens Rübsam