Neues vom Strumpfhosen-Killer

■ Helge Schneider gab sich am Samstag im „Moments“ volksnah

Komiker zieht es zur Literatur. Erst küzlich stellte Wigald Boning im „Moments“ sein erstes Buch vor, am Samstag war Helge Schneider an der Reihe. Mit „Der Mörder mit der Strumpfhose“ schrieb er bereits den dritten Krimi um den furchtlosen Kommissar Schneider, der mit Vornamen zufällig Helge heißt.

Gerne erzählt der Entertainer in Momenten unmaskierter Aufrichtigkeit, wie sehr es ihn nervt, wenn jede seiner Gesten oder Äußerungen automatisch als lustig empfunden wird. Dieses Phänomen konnte im „Moments“ wieder einmal beobachtet werden: Schneider kommt auf die Bühne, sagt bloß „Hallo“, und der Saal biegt sich vor Lachen. Dann ruckelt er etwas lautstark am Mikrofon, und es gibt überhaupt kein Halten mehr. Dieses Publikum wollte der Mühlheimer nicht kurz und schmerzlos aus der Pflicht entlassen: „Gestern habe ich in Hamburg so geschwitzt, da konnte ich nur zweieinhalb Stunden lesen.“ Unter dieser Zeit kamen auch die BremerInnen nicht davon.

Bei kaum einem Künstler ist die Qualität eines Auftritts so sehr von der Tagesform abhängig wie bei Helge Schneider. Am Samstag war er in Form: Alleine auf kleiner Bühne fühlte er sich merklich wohler als zuletzt mit seiner Bigband auf Hallen-Tour. Mit seinem dezenten dunklen Pulli wollte er nach eigenen Worten signalisieren: „Ich bin einer von euch. Ein Star zum Anfassen.“ Das relativierte er allerdings sofort: „Laßt mich bloß in Ruhe, wenn ich gleich rausgehe.“

Die eigentliche Lesung geriet natürlich zum Kasperletheater. Mal gab er zu lesen vor, um irgendwann zu sagen: „Nee, das steht da gar nicht.“ Ein anderes Mal blieb er enervierend lange still, bevor er plötzlich feststellte: „Ach, ich muß ja laut lesen!“

Die Auswahl der tatsächlich gelesenen Passagen erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Soviel war herauszubekommen: Alles beginnt mit Kommissar Schneider, der gerade im Schloß des Staatsanwalts Akten durchstöbert. Der Kommissar ist alleine im Schloß, denn der Staatsanwalt ist weg – poppen. Bald wird ein Schienenarbeiter mit einer Strumpfhose ermordet, weitere ähnliche Taten folgen. Kommissar Schneider ist damit beschäftigt, den Mörder zu fangen, seinen quängeligen Neffen zu mästen und den Kochkünsten seiner Gemahlin auszuweichen. Die Lösung des Kriminalfalls ist denkbar einfach: Eine Blase aus dem Weltraum hat den Killer geschickt und entführt schließlich den Polizisten.

Erbaulicher noch als der Vortrag des literarischen Schaffens waren die improvisierten musikalischen und verbalen Einsprengsel im Vortrag des Berufskomikers: Schneider spielte am Piano scheußlich-schöne Song-Fragmente namens „Schüssel of Love“ oder „Bonbon aus Wurst“, coverte den Sommerhit „Macaréna“, gestikulierte ein beeindruckendes Luft-Schlagzeugsolo und erklärte ohne große Fachkenntnis mehrere Arten, Labskaus zuzubereiten, beispielsweise: „Wasser heiß machen und Spaghetti reintun.“

Andreas Neuenkirchen