Unangreifbare Keime

■ Bundesinstitut soll unliebsame Daten über Arzneimittel zurückgehalten haben

Berlin (taz/AP) – Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) in Berlin soll das Verbot eines gefährlichen Zusatzstoffes bei der Tiermast verzögert haben, meldet der Spiegel. Der weitverbreitete Einsatz des Antibiotikums Avoparcin bei Mensch und Tier ist möglicherweise für die Resistenz von Krankheitserregern beim Menschen verantwortlich (taz vom 6. Mai 1996). Avoparcin gleicht stark dem Vancomycin, einem der wenigen weltweit zurückgehaltenen Antibiotika. Diese eisernen Reserven sollen Patienten gegen ansonsten widerstandsfähige Bakterien helfen.

In Berliner Großkrankenhäusern gehören Infektionen mit Darmbakterien, die gegen Antibiotika resistent geworden sind, neuerdings zum Alltag, meldete das Magazin unter Berufung auf eine interne Studie des Bonner Gesundheitsministeriums. Der Ärztliche Leiter des Klinikums Benjamin Franklin, Michael Foerster, sprach dagegen von einem „Trivialphänomen“. Resistenzen habe es zu allen Zeiten gegeben.

Das BgVV war erst kürzlich in die Kritik geraten. Ihm war zögerliches Verhalten beim Rückruf gefährlicher Tiermedikamente vorgeworfen worden. Laut Spiegel hat es im Fall von Avoparcin auch brisante Untersuchungen aus Dänemark wochenlang zurückgehalten, bevor das Tierantibiotikum im Januar verboten wurde. Einen Bericht mit neuen Erkenntnissen aus Deutschland über mögliche Gefahren habe das Institut verhindern wollen. Einen Tag nach dem Verbot des Tierantibiotikums habe die Herstellerfirma beim Leiter der Abteilung für Tierarzneimittel, Reinhard Kroker, per Fax interne Behördenunterlagen angefordert. Kroker war schon durch das ZDF-Magazin „Frontal“ ins Gerede gekommen, weil er im September auf Kosten einer französischen Pharmafirma einige Tage in Nizza verbrachte.

Als „absolut unberechtigt“ hat Kroker die Vorwürfe zurückgewiesen, wonach seine Behörde das Verbot von Avoparcin verschleppt haben soll. Erst auf Drängen seiner Behörde habe das Bundeslandwirtschaftsministerium Anfang des Jahres ein nationales Verbot durchgesetzt. Kroker meint, daß „es wirklich keinen konkreten Beweis“ gebe, daß Resistenzen im Tier auf den Menschen übergesprungen seien. rem/jr