Irlands Medien decken Ex-Premier

■ Die taz-Enthüllungen über Charles Haughey werden gerne zitiert, nur den Namen des Betroffenen läßt man lieber weg

Dublin (taz) – Die irischen Spatzen pfeifen es von den Dächern – aber wehe, jemand spricht es aus: Als Charles Haughey noch Premierminister war, hat er umgerechnet 2,75 Millionen Mark vom Supermarktbesitzer Ben Dunne erhalten. Die taz hatte vorgestern berichtet, daß die Schecks – sie waren auf den Namen seiner Frau ausgestellt – auf Londoner Bankkonten eingezahlt wurden.

Zwar wurde die taz anschließend in jeder irischen Nachrichtensendung erwähnt – aber nur mit dem verschämten Hinweis, daß „die deutsche Zeitung jemanden benannt“ habe. Bloß wen? Die Irish Times wand sich: „Deutsche Zeitung nennt den Namen“, hieß es. So groß ist die Angst vor einer Verleumdungsklage, daß man die LeserInnen zum Narren hält. „Durch und durch verfault“, titelte der Star vorgestern. Was da verfault sei, verriet auch er nicht, brachte aber eine ausführliche Geschichte über Haughey und seinen luxuriösen Lebensstil. Nur die Satirezeitschrift Phoenix meldete, daß „Junker“ Haughey zu einer heißen Kartoffel für seine Partei Fianna Fail geworden ist. Er selbst hat bisher nicht reagiert.

Freilich ist Haughey nicht der einzige, der bei Dunne kassiert hat. Premierminister John Bruton (Fine Gael) gestand nun, bei Dunne erfolgreich um 450.000 Mark für die Parteikasse gebettelt zu haben. Für seinen persönlichen Wahlkampf gab es noch einen Nachschlag. Transportminister Michael Lowry, der auch großzügig bedacht worden war, mußte vor einer Woche seinen Hut nehmen. Zwei weitere Minister räumten seitdem ein, daß Dunne sie im Wahlkampf unterstützt habe. Selbst Präsidentin Mary Robinson kassierte 15.000 Pfund. Und das ist erst die Spitze des Eisbergs, die Liste der Dunne-Freunde ist 1.500 Namen lang und harrt der Veröffentlichung. Allerdings kungeln die Politiker mit Dunne's Stores gerade aus, welche Teile bekanntgemacht werden sollen.

Die Nation rätselt über die Namen, doch niemand stellt die naheliegende Frage: Weshalb wurden so viele einflußreiche Menschen aus Politik, Wirtschaft und Medien von einem millionenschweren Unternehmer bezahlt, der seine Gelder über dubiose Konten und Scheinfirmen im Ausland verschiebt? Welche Gegenleistungen wurden verlangt? Dunne behauptet frech, das alles sei „zum Nutzen der Demokratie“ geschehen.

Ans Licht gekommen ist die Sache nur zufällig, weil Dunne sich mit seinen Geschwistern verkrachte und aus der Firma gedrängt wurde. Dunnes Schwester gab eine Untersuchung über die Firmenkonten in Auftrag, um gewappnet zu sein, falls Bruder Ben vor Gericht ziehen würde. Dieser Untersuchungsbericht tickt nun wie eine Zeitbombe vor sich hin: Womöglich kommt heraus, daß das irische Parlament nichts weiter als ein Marionettenregime ist: Bens Puppentheater. Ralf Sotscheck