Achtungserfolg für die Opposition in Ghana

■ Exputschist Jerry Rawlings wird dennoch das Präsidentenamt behalten

Berlin (taz) – Ghanas Präsident Jerry J. Rawlings ist sein eigener Nachfolger. Nach Auszählung den ersten Zwischenergebnisse erreichte der Exfliegerleutnant bei der Wahl am vergangenen Samstag über 50 Prozent der Stimmen. Der gemeinsame Kandidat der Oppositionsparteien, John Kufuor, kam auf etwa 44 Prozent, der dritte, Edward Mahama, erhielt drei Prozent. Von 9,2 Millionen Wahlberechtigten hatten über 70 Prozent ihre Stimme abgegeben. Erstmals seit der ghanaischen Unabhängigkeit im Jahre 1957 geht damit in dem westafrikanischen Land eine Legislaturperiode ordnungsgemäß zu Ende.

Die Wahlen wurden auf dem Land entschieden, wo Rawlings einen klaren Vorteil hatte. Er galt hier nach wie vor als Vaterfigur und unbestechlicher Staatsmann, obwohl sein Ruf in den vergangenen Monaten bereits wegen Immobiliengeschäften und wirtschaftlicher Vorteile für seine Familie erheblich gelitten hatte. Doch wegen des niedrigen Bildungsstands und der im Vergleich zur Stadt mangelnden Informationsdichte wirkte sich das nicht aus. Auch die verschlechterte Lebenslage der Landbevölkerung hatte wenig Einfluß auf das Ergebnis – das jährliche Wachstum des Agrarsektors von einem Prozent blieb weit hinter dem Bevölkerungswachstum von 2,9 Prozent zurück.

Deshalb hatte Rawlings Gegenspieler im Wahlkampf immer betont, daß eine erfolgreiche Entwicklung auf dem Lande nicht nur in Infrastrukturprojekten bestehen könne, sondern vor allem Arbeitsplätze für die jungen Menschen schaffen müsse. Obwohl die ghanaische Opposition stark zersplittert war, hatte sie sich auf gemeinsame Listen in der Mehrzahl der 200 Wahlbezirke auf John Kufuor einigen können. Kufuor gelang es, als Kandidat der „Neuen Patriotischen Partei“ im Wahlkampf ein breites Spektrum von wirtschaftsliberalen Ansichten am rechten Flügel seiner eigenen Partei bis hin zu panafrikanisch-sozialistischen Vorstellungen abzudecken. Die Opposition hat zudem ihr Wahlziel erreicht, als starke Fraktion im Parlament vertreten zu sein. Wieviel die Opposition tatsächlich an Sitzen errungen hat, wird aber erst am Mittwoch bekannt werden. Unter der Präsidialverfassung Ghanas wäre eine Kohabitation Rawlings mit einer Oppositionsmehrheit theoretisch denkbar.

Der in Großbritannien ausgebildete Rawlings hatte sich 1981 an die Macht geputscht. Einen zunächst sozialistisch orientierte Kurs gab er jedoch bald zugunsten einer pragmatischen Politik auf. Unter seiner Herrschaft wurde Ghana der Musterschüler von IWF und Weltbank, da es die Strukturanpassungsprogramme rigoros umsetzte. Ein Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent bis in die 90er schienen Rawlings Programm recht zu geben.

Doch heute herrscht Krisenstimmung in Ghana. Fast 70 Prozent Inflation, Auslandsschulden von fünf Milliarden US-Dollar, ein auf drei Prozent vermindertes Wirtschaftswachstum, ungehemmter Raubbau an den natürlichen Ressourcen des Landes und eine Infrastruktur, die immer noch auf den Export von Gold, Kakao und Holz ausgerichtet ist, können von dem derzeitigen Goldboom und den damit erzielten Gewinnen nicht aufgefangen werden.

Eine durchdachtere Privatisierungspolitik wird immer wieder angemahnt. Eine zu rasche Senkung der Importzölle hatte die einzige ghanaische Batteriefabrik in den Ruin getrieben. Die heimische Textilindustrie wird zur Zeit durch Altkleiderimporte aus der „Ersten Welt“ zerstört. Und Mitte des Jahres hatte die Regierung von Rawlings – auf Druck der Weltbank – den inländischen Rohölmarkt für Ölmultis freigegeben. Damit wurden die Subventionen für die Beninzpreise aufgehoben.

Ein Anfang dieses Jahres erschienener – mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung erstellter – offizieller Armutsbericht spricht davon, daß 30 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben. Rawlings neue Regierung wird nur einen minimalen Handlungsspielraum haben. Uwe Kerkow