Birmas Militärherrscher geben Studenten unifrei

■ Um neue Demonstrationen zu verhindern, werden die Hochschulen geschlossen

Bangkok (taz) – Birmas Militärregierung hat gestern den Unterricht an den Hochschulen der Hauptstadt Rangun einstellen lassen. Daraufhin marschierten am Nachmittag wieder Hunderte StudentInnen vom Universitätsgelände in Richtung Innenstadt, bis sie von Polizisten mit Schlagstöcken vertrieben wurden.

Viele Jugendliche trugen Porträts des Unabhängigkeitshelden Aung San bei sich, sie riefen „Wir wollen Freiheit“ und forderten die Wiedereröffnung der Hochschulen. Umstehende hätten applaudiert und den StudentInnen Wasser und Lebensmittel geschenkt, hieß es der birmesischen Hauptstadt. Erst am Samstag früh hatte die Polizei die größte Studentendemonstration seit Anfang der neunziger Jahre gewaltsam beendet.

Ein Sprecher der Militärjunta beschuldigte gestern unter anderem die oppositionelle Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi, sie hätten die StudentInnen angestachelt: „Wir haben Hinweise dafür, daß nicht nur einige NLD-Mitglieder, sondern auch die Allbirmesische Demokratische Studentenfront und Untergrundelemente der Kommunistischen Partei Birmas tief in die Unruhen verstrickt sind“, sagte der Regierungssprecher. Die meisten der in der ABSDF zusammengeschlossenen StudentInnen leben seit den Massakern von 1988 im Exil, und die birmesische KP hat sich bereits 1989 aufgelöst.

Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi wies den Vorwurf der Regierung, ihre Partei stecke hinter den Protesten, gestern zurück: „Das ist absolut lächerlich“, sagte die Oppositionspolitikerin. Anstatt Verschwörungstheorien herbeizuziehen und nach einem Sündenbock zu suchen, solle die Junta selbst die Verantwortung für ihre Politik tragen. Angesichts der gespannten Lage appellierte sie an die Regierung, keine Gewalt gegen die DemonstrantInnen einzusetzen. Auch die StudentInnen bestreiten eine Verbindung mit der NLD.

Der Regierungssprecher erklärte gestern weiter, der Staatsrat zur Wiederherstellung von Gesetz und Ordnung (Slorc) – so nennt sich die Junta seit 1988 – habe Unruhen erwartet: Die oppositionellen „Elemente“ wollten nur das birmesische „Tourismusjahr 1996“ stören, das am 17. November offiziell begonnen hat. Doch das Militär werde alles bald wieder unter Kontrolle haben.

Obwohl die Behörden die StudentInnen nach der Universitätsschließung aufforderten, in ihre Heimatorte zu fahren, blieben viele in Rangun. Westliche Diplomaten in der Stadt fürchten, das daß Militär versuchen könnte, weitere Proteste niederzuschießen. Jutta Lietsch