Mehr Rechte für die Tibeter gefordert

■ Der Außenminister der tibetischen Exilregierung auf Privatbesuch in Bonn

Bonn (taz) – Der Außenminister der tibetischen Exilregierung, Kalon Tashi Wangdi, hat die Bundesregierung aufgefordert, den Druck auf China wegen der Unterdrückung der Tibeter fortzusetzen. Nur wenn sich die internationale Staatengemeinschaft gegen die andauernde Repression des tibetischen Volkes einsetze, könne es eine friedliche Lösung des Konflikts geben, betonte Tashi Wangdi anläßlich des Tages der Menschenrechte gestern in Bonn. Er verwies auf die Mahnung des Dalai Lama, bei anhaltender Unterdrückung der Tibeter könne es zu einem gewaltsamen Aufbegehren gegen China kommen.

Bei einem als „privat“ bezeichneten Besuch in Bonn hob Tashi Wangdi hervor, es drohe ein „kultureller Völkermord“ an seinem Volk. Die kulturelle Identität der Tibeter sei durch Überfremdung bedroht, da das chinesische Regime immer mehr Chinesen in Tibet ansiedele. Mittlerweile lebten in Tibet nur noch sechs Millionen Tibeter unter acht Millionen Chinesen. Seit der Besetzung des Himalaya-Staates im Jahre 1951 seien 1,2 Millionen Tibeter Opfer der Unterdrückung geworden; 6.000 Klöster seien zerstört worden.

Derzeit drohe jedem Tibeter Gefangennahme und Folter, der sich nicht ausdrücklich gegen den Dalai Lama, das religiöse Oberhaupt der Tibeter, ausspreche. Immer mehr Tibeter kämen ins Gefängnis, da sie sich weigerten, den im indischen Exil lebenden Dalai Lama zu verleugnen. „Es ist, als ob man Christen in einem christlichen Staat zwingen wollte, sich gegen Christus zu stellen“, sagte Tashi Wangdi. Wer sich derzeit für seine kulturelle Identität als Tibeter einsetze, werde als „schlimmster Krimineller“ behandelt. Es sei also nötig, weiter Druck auf China auszuüben.

Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff, der gemeinsam mit Tashi Wangdi auftrat, unterstützte die Forderungen des tibetischen Außenministers. Als Vorsitzender der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung erinnerte Lambsdorff an die Tibet-Resolution des Deutschen Bundestages. In ihr war die Bundesregierung aufgefordert worden, sich „verstärkt“ dafür einzusetzen, daß die chinesische Regierung mit dem Dalai Lama über mehr Rechte für das tibetische Volk verhandelt. Das Parlament hatte auch eine stärkere Beachtung der Religion und Kultur der Tibeter durch China gefordert. Die Resolution hatte zu Verstimmungen zwischen Bonn und Peking geführt. Philipp Gessler