Boom im Hamburgs Umland

■ Wirtschaftswachstum im Norden überdurchschnittlich

Armenhaus Norddeutschland? Noch in den 80er Jahren wies die deutsche Landkarte in Sachen Wirtschaftsdynamik ein ganz klares Süd-Nord-Gefälle aus. Mit der Öffnung Osteuropas und der Orientierung Skandinaviens auf den europäischen Binnenmarkt aber, so hofften die Wirtschafts- und Polit-Eliten des deutschen Nordens im Einheitstaumel der Jahre 1989/90, sollte alles anders werden: Der Norden im Aufschwung und Hamburg mittendrin.

Jetzt liegt eine erste wissenschaftliche Antwort auf diese Hoffnungen vor: Nordwestdeutschland befindet sich seit Ende der 80er Jahre in einem Wirtschaftsboom. Die Entwicklung läuft besser als im übrigen Bundesgebiet. Und: „Hamburg entwickelt sich seit Ende der 80er Jahre zur treibenden Kraft der Entwicklung. Die Hansestadt hat Metropolfunktion für den Norden übernommen.“

Allerdings wußte Konrad Lammers, Mitautor einer gemeinsamen Studie der Akademie für Landesplanung und Raumforschung in Hannover sowie des Hamburger Weltwirtschaftsarchivs (HWWA), gestern auch reichlich Wasser in den Wein wirtschaftspolitischer Selbstzufriedenheit zu mischen. Die geänderten Rahmenbedingungen hätten „die Attraktivität“ des Nordwesten nur „für das Sachkapital, nicht aber für das Humankapital“ gesteigert.

Forschung, Ausbildung und die Einbindung im Norden seien nach wie vor unterschiedlich. Und: Der Arbeitsmarkt merkt vom Mini-Boom nichts. Immerhin profitiere aber der Großraum Hamburg am meisten von der neuen Entwicklung – allerdings vor allem im Umland, wo seit 1990 die meisten neuen Arbeitsplätze entstanden, während innerhalb der Stadtstaatsgrenzen die Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter stetig abnahm.

Für die bislang wenig aktive Politik hatten die Wissenschaftler noch einige altbekannte Tips auf Lager: Nochmal ernsthaft über den Nordstaat nachdenken, sich um Ausbildung und Forschung kümmern und natürlich bei den länderübergreifenden Verkehrsprojekten stärker zusammenarbeiten. fm