Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Am Achten Tag Belgien/Frankreich 1996, R: Jaco van Dormael, D: Daniel Auteuil, Pascal Duquenne

„Der Belgier Jaco van Dormael wird als ein origineller Regisseur gefeiert, aber sein hochgelobter Film „Toto der Held“ schien mir sehr von Dennis Potters „The Singing Detektiv“ beeinflußt zu sein, und sein neuer Film „Am achten Tag“ ist eine flämische Version von „Rain Man“. Auteuil, ein Banker dessen Bessenheit von seiner Arbeit seine Ehe zerstörte, findet sich zuerst nur sehr widerwillig dabei, wie er mit Duquenne, einem Flüchtling aus einem Heim, im Auto durch Belgien und Holland fährt. Durch dessen Unschuld wird sein Leben veränderet. Nach einigen bizarren Abenteuern mit blasierten Witzen auf Kosten der normalen Spießbürger, endet dieser sehr selbstgefällige Film damit, daß der Held und seine Töchter einen Baum umarmen.“ (The Observer) Schauburg, UT-Kino, Casablanca (Ol)

Antonias Welt Niederlande/Belgien/Großbritannien 1995, R: Marleen Gorris, D: Willeke van Ammelrooy, Els Dottermans

„Wirklich eine ungewöhnliche Familiensaga, die die holländische Regisseurin Marleen Gorris in ihrem jüngsten Film entworfen hat. Voll Witz und trotz aller Melancholie voll Optimismus steckt ihre generationsübergreifende, manchmal märchenhaft wirkende Chronik, die sich über 50 Jahre erstreckt. Und wie die Jahreszeiten fliegen auch die diversen Schicksale der Figuren vorbei. Das alles erzählt Gorris mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die mitten ins Herz trifft.“. (Bremer) Atlantis, Gondel

Ausser Kontrolle USA 1995, R: Andrew Davis, D: Keanu Reeves, morgan Freeman, Fred Ward

„Regisseur Davis hetzt seinen Helden durch und um Chicago, wobei er einen Blick für unverbrauchte Orte beweist. Leider ist die Science-Fiction-Idee von der Energiegewinnung aus Wasser nur ein auswechselbarer Ausgangspunkt für eine zusammengestückelte Geschichte, in der der fälschlich verdächtigte Held (Keanu Reeves) vor FBI und Gangstern auf der Flucht ist. Ein bißchen zeitgemäße Paranoia vor geheimen Regierungsstellen und zum Schluß ein bißchen Weltuntergangsstimmung: alles schon oft und besser gesehen..“ (tip) UFA-Stern

B

Der Blaue Pfeil Italien 1996, R: Enzo d'Alo

„Eine ganze Kompagnie von Spielzeug nimmt die Bescherung in die eigene Hand. Zumindest soll das mal passiert sein, irgendwann in Italien am 5. Januar. Ein turbulenter, spannender Zeichentrickfilm nimmt vor aquarelliertem Hintergrund in einem norditalienischen Städtchen seinen Lauf. Die einfach gezeichneten Figuren sind eine Wohltat angesichts der Disneyschen Grimasendramaturgie. Nicht nur daß die Dialoge von feinem Humor zeugen, manchmal klingt sogar Zynismus durch. Auch die Handlung ist erfrischend unpädagogisch, nämlich rücksichtslos dramatisch.“ (tip) City, Casablanca (Ol)

Bogus - mein phantastischer Freund USA 1996, R: Norman Jewison, D: Gerard Depardieu, Whoopi Goldberg

„Mit „Schwindel“ oder „Hokuspokus“ könnte man den Titel des Films übersetzen. Gemeint ist hier eines jener Wesen, das die amerikanischen Weihnachts-Ghosties belebt. Irgendwo zwischen Peter Pan, Topper, Schutzengel und dem Hasen Harvey ist dieser Bogus, gespielt von Gerad Depardieu, angesiedelt. Ein Kinderfilm nach altbekanntem Muster für die Weihnachtszeit, zwei Stars, die tief in den Klischeetopf greifen dürfen, ein Regisseur, der gute Routinearbeit leistet. Alles gehobener Durchschnitt.“ (epd-Film) UFA-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

C

Charlie-Chase-Komödien USA 1925-1929, R: Lewis Foster, Leo McCarey u.a., D: Charly Chase /Stummfilme mit Klavierbegleitung

Vier Kurzfilme mit dem amerikanischen Slapstick-Komiker, der immer im Schatten von Chaplin, Keaton oder Laurel und Hardy blieb. Diese Zweiakter aus der Mitte der 20er Jahre schlachteten sehr effektiv Geschichten aus, in denen Chase in peinliche und immer verwickeltere Situationen gerät. Kino 46

Der Club der Teufelinnen USA 1996, R: Hugh Wilson, D: Goldie Hawn, Bette Midler, Diane Keaton

„Drei ältere Frauen ruinieren in gemeinsamer Freundschaft und Solidarität materiell und libidonös ihre drei Ex-Gatten - so läßt sich der Plot beschreiben und der Film eigentlich auch ad acta legen. Denn bei allen existentialistisch-tragischen Unter- und Nebentönen ist das Ganze doch zu forciert als Klamotte angelegt, um mehr als eine bunte, antidepressive Phantasie abzugeben, die die Zuschauerin vereint mit den Wechseljahren-Hormonen einnehmen kann. Die Logik wie die Bilder dieses Films entsprechen einer Mischung aus den Glanzmagazinen „Brigitte“ und „Häuser“ samt deren Sinn für optischen und ökonomischen Realismus. Allerdings hat der Film drei Ikonen der amerikanischen Schauspielkunst in den Hauptrollen: Goldie Hawn, Diane Keaton und Bette Midler. Die enormen Fangemeinden der drei Diven dürften sich zwar kaum nennenswert überschneiden, dennoch werden diese Stars mit Sicherheit eine Fülle voyeuristischer Geschlechtsgenossinnen ins Kino locken.“ (epd-Film) Schauburg, UT-Kino, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Cosi Australien 1996, R: Mark Joffe, D: Toni Collette, Ben Mendelsohn, Barry Otto

„In den letzen Jahren haben uns einige australische Filme begeistert, die den schrägen Blick auf die menschliche Existenz lehrten. In diesem Film, der nicht ganz an die Glanzlichter australischen Filmschaffens heranreicht, wird es jetzt völlig verrückt: In Mark Joffes „Cosi“ studiert ein junger, unerfahrener Regisseur mit Psychiatrie-Patienten Mozarts „Cosi fan tutte“ ein. „Cosi“ beeindruckt durch Witz, menschliche Wärme sowie ausgezeichnete Darsteller und ist die Verfilmung des gleichnamigen Theaterstückes von Louis Nowra, das in Sydney zu einem Theatererfolg wurde. Nowra sieht in der Welt der Verrückten nicht nur eine Welt des Schmerzes und des Leidens. Für ihn ist es auch eine Welt voller Wunder, in der man wie Alice auf ihrer Reise ins Wunderland vieles lernen kann, vor allem über Menschlichkeit.“ (epd-film) Filmstudio, Casablanca (Ol)

D

Dragonheart USA 1995, R: Rob Cohen, D: Dennis Quaid, Pete Postlethwaite

„Die Wiederbelebung des Abenteuerfilms für den Markt der neunziger Jahre. Nicht, daß „Dragonheart“ seine Geschichte vom letzten Drachen, der mit einem Drachentöter ein einträgliches Gauklergechäft aufzieht, aber auf tragische Weise mit einem despotischen Herrscher verbunden ist, nicht ernst nehmen würde. Aber die Modernisierungen lassen seine Komik immer wieder angestrengt wirken. Der computernanimierte Drache allerdings ist ein lebendiges Wesen geworden, nicht zuletzt durch die Stimme von Sean Connery, dessen Witz und Melancholie Mario Adorf in der deutschen Fassung leider nur unzulänglich wiedergibt.“ (tip) Europa, UFA-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

Drittes Festival der Animationen

„Wir wollten auch mal zwei von unseren Filmen auf der Leinwand sehen“, gesteht der Bremer Filmemacher Harald Hirtleiter, der deshalb zusammen mit seinem Kollegen Christian Meier-Kahrweg vor zwei Jahren des Festival der Animationen ins Leben gerufen hat. Das nunmehr 3. Festival der Film & Video-Animationen ist zu einem beeindruckenden Forum der Vielfalt des filmischen Erzählens geworden. Die ausgewählten Animationsfilmer arbeiten durchweg professionell, Knetgummifiguren und Zeichentrick gehören bei der Kleinfilmschau schon zu den altbackenen Techniken. Der Computer ersetzt oftmals das Zeichenbrett. Er ermöglicht Bildsequenzen wie den Blick aus dem Retortenglas, der bei dem rasant-abstrakten Gen-Thriller „In Virto“ des Franzosen Laen Sanchez zum apokalyptischen Höllenritt wird. (Lars Reppesgaard) Schauburg

F

Fargo USA 1995, R: Joel Coen, D: Frances McDormand, Steve Buscemi

„Amerika sieht manchmal aus wie Sibirien. In der pechschwarzen Kriminalkomödie „Fargo“ von den Coen Brothers könnte man fast schneeblind werden - so eisig, weiß und leer ist hier die Winterlandschaft von Minnesota. Die Landeier im tiefsten amerikanischen Hinterland werden von den Coens mit dem gleichen boshaften Witz beschrieben wie die texanischen Rednecks in ihrem Debüt „Blood Simple“. An diesen frechen Film über inkompetente Gangster, denen ihre verbrecherischen Pläne schnell über den Kopf wachsen, schließt „Fargo“ direkt an.“ (hip) Schauburg, Casablanca (Ol), Apollo (Whv)

Female Perversions USA 1996, R: Susan Streitfeld, D: Tilda Swinton, Amy Madigan

„Vorlage für Susan Streitfelds gewagtes Regiedebüt ist Louise J. Kaplans gleichnamige Studie über weibliche Sexualität im zwanzigsten Jahrhundert. Clever konstruiert fächert sich der Film in einzelne Fallbeispiele. Entlang des Werdegangs zweier Schwestern mit dem gleiche Kindheitstrauma werden diverse Neurosen abgehandelt, zum Beispiel Kleptomanie, Depression, Wiederholungszwang, Fetischismus oder Versagensangst. Leider geraten die Szenen häufig zu simpel, zu plakativ - Feminismus light. “ (tip) Cinema

Flucht aus L.A. USA 1996, R: John Carpenter, D: Kurt Russell, Stacy Keach, Steve Buscemi

„John Carpenter hat im Drehbuch versucht, eine milde politische Satire mit etwas hippen Nihilismus zum Ende des Jahrtausends zu entwickeln. Aber auf halben Weg hat er sich dann darauf besonnen, daß er all den Teenagern, die sich solche Filme ansehen, ihre hohe Dosis an Actionszenen verpassen mußte. Und so versinken ein paar gute Ansätze in einem weiteren Computerspiel mit vielen Schießereien, Verfolgungsjagden und Special Effekten.“ (Christopher Tookey) UFA-Stern

Frau Holle Deutschland, CSSR 1984, R: Jurai Jakubisko, D: Giulietta Masina, Tobias Hoesl

„Die Fabel von Frau Holle, die nicht nur Wetter und Jahreszeiten, sondern auch die Geschicke geliebter Menschen lenkt und für höhere Gerechtigkeit sorgt. Ein Film, der das gleichnamige Märchen der Gebrüder Grimm sehr frei variiert und üppig mit Motiven aus slawischen Volksmärchen ausschmückt. Trotz gelegentlicher Motivüberfrachtung und kunstgewerblicher Momente ein insgesamt phantasie- und stimmungsvolles Märchenabenteuer für Kinder und Erwachsene, das Einsichten über menschliche Grundfragen vermittelt.“ (Lexikon des internationalen Films) UFA-Palast

From Dusk Till Dawn USA 1996, R: Robert Rodriguez, D: Quentin Tarantino, Georg Clooney, Harvey Keitel

Für seinen Soulbrother Rodriguez holte Tarantino sein allererstes Skript aus der Schublade, überarbeitete es und spielt zu allem Überfluß auch noch eine der Hauptrollen. So daß man unmöglich sagen kann, wer von den beiden in diesem Film für welchen Blutfleck verantwortlich ist. Auch wenn Rodriguez noch so rasant schneidet, verliert man bald den Überblick und das Interesse daran, wer schon untot ist oder noch ungebissen auf alle anderen eindrischt. (hip) Modernes

G

Die Geschichte vom kleinen Muck DDR 1953, R: Wolfgang Staudte, D: Thomas Schmidt, Johannes Maus

„Staudtes Märchen vom „kleinen Muck“ brach mit der deutschen Tradition der kindertümelnden innigen Märchenfilme: Optische Phantasie verbindet sich mit humanistischer Tendenz. Neben dem „Kalten Herzen“ begründete der Film die nachdrücklich geförderte Kinderfilm-Produktion in der DDR.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

Glimmer Man USA 1996, R: John Gray

„An ihren Silicon-Brüsten sollt ihr sie erkennen! Super-Cop Jack Cole jedenfalls schließt anhand der Implantate sofort, die Leiche vor ihm müsse Russin sein. Mit seinem messerscharfen, buddhistisch geschulten Verstand stellt er blitzschnell die Verbindung von einem Serial-Killer über die Russenmafia zu einem gutsituierten Geschäftsmann her. Der wiederum versucht, ihn als Polizisten zu diskreditieren. Aber nicht mit Jack Cole, ehemals CIA! - Auf seine alten Tage wird selbst Steven Segal ganz zahm. Seine zynischen Law-and-order-Spektakel warteten schon mal mit mehr Krach, Bumm und Peng auf.“ (tip) Ufa-Stern

Der Glöckner von Notre Dame USA 1996, R: Gary Trousdale

„Disney hat Victor Hugo auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht und ein harmloses Vergnügen veranstaltet, bei dem die Nebenfiguren den Stars wieder mal die Show stehlen. (Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

H

High School High USA 1996, R: Hart Bochner, D: Jon Lovitz, Mekhi Phifer, Louise Fletcher

„Kann eine Parodie besser sein als das Original? Kein Problem, wenn die Vorlage so schlecht ist wie die Schulschmonzette „Dangerous Minds“. David Zucker, ein Drittel des legendären ZAZ-Teams, produzierte diesen albernen Spaß mit Jon lovitz, der sich als High-School-Lehrer mit allerlei harten Jungs herumschlagen muß. Die Schule ist so multikulturell, daß drei Simultan-Übersetzer pro Klasse nötig sind.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

I

Independence Day USA 1996, R: Roland Emmerich, D: Will Smith, Bill Pullman, Jeff Goldblum

„ Emmerich ist immer noch ein recht simpler Erzähler, der ohne jede Ironie zitiert, im Finale so viel wie möglich herumballert und am liebsten an seinen Spezialeffekten herumbastelt. Aber all das verselbstständigt sich diesmal nicht wie in seinen früheren Filmen, sondern wird durch ein smartes Drehbuch und die durchweg erstklassigen Schauspieler veredelt. Gerade Emmerichs Naivität ist vielleicht der Grund, warum ,Independence Day' in den USA solch ein sensationeller Erfolg ist.“ (hip) City

Irren ist männlich Deutschland 1995, R: Sherry Hormann, D: Herbert Knaup, Corinna Harfouch

„Warum sehen deutsche Komödien immer aus, als seien sie dem „Schöner Wohnen“-Sonderheft „So mache ich mehr aus meiner 200-qm-Wohnung“ entnommen? Alles ist teuer und „tres chic“, und am Ende steigt man in sein neues Mercedes-Cabrio. So auch in dieser platten Vaterschaftskomödie um eine haarsträubende, konstruierte Verwechslungsgeschichte, die kein Klischee einer „Deutschen Komödie“ ausläßt und talentierte Darsteller wie Herbert Knaup, Axel Milberg und Richy Müller als „Väter der Klamotte“ mißbraucht.“ (V. Bleek) Cinema, UT-Kino, Wall- & Ziegelhofkino (Ol) und Solitaire (Westerstede)

J

Jane Austen's Verführung England 1995, R: Roger Mitchell, D: Amanda Root, Ciara Hinds

„Der Film erzählt auf eine geradezu altmodisch liebevolle und feinfühlige Art, wie das Mauerblümchen Anne Elliot sich gegen allen Klatsch und Tratsch durch Ausdauer sein Glück verdient, und er hat in Amanda Root eine Hauptdarstellerin, die mit dem Charme und der rotbackigen Frische eines Winteräpfelchens den Sieg dieser geborenen Verliererin beglaubigt. Was für ein Balanceakt: ein Film, in dem die großen Liebenden einander auf Schritt und Tritt begegnen und doch über ein paar gequälte Höflichkeiten hinaus kein Wort zu wechseln vermögen - bis ganz vor Schluß. Das ist, alles in allem, kein Kinostück, um dreifach hurra zu schreien, doch ein Vergnügen.“ (Der Spiegel) Gondel, Casablanca (Ol)

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarienette jenseits der Sprache ausdrücken kann - genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“ (Der Spiegel) Europa, Casablanca (Ol)

Jenseits von Eden USA 1955, R: Elia Kazan, D: James Dean, Julie Harris

„Ein erstaunlich überspannter, fiebernd poetischer Film über Kain und Abel, die als amerikanischen Brüder in einer Gemüsefarm in Kalifornien kurz vor dem ersten Weltkrieg leben. Elia Kazan inszenierte diese Adaption von Steinbecks Roman, und sie wirkt, als würde man eine Reihe mit den spektakulärsten Ausschnitten sehen: Momente voller Gewalt und überladene Szenen ohne viel Zusammenhang. Als der romantische, entfremdete, jugendliche Held ist James Dean mit einer ganzen Reihe mit charmanten Taktlosigkeiten ausgestattet: Er ist übersensibel, schutzlos, verletzend. Sein Vater mag ihn nicht lieben, aber dafür die Kamera um so mehr, und wir sollen es auch: „Sieh nur all diese wunderschöne Verzweiflung“. Dies ist alles andere als ein langweiliger Film, dafür aber ein sehr merkwürdiger: Er ist die Heiligsprechung eines verwirrten Jungen.“ (Pauline Kael) Kino 46

Die Jury USA 1996, R: Joel Schumacher, D: Metthew McConaughey, Sandra Bullock

„Dies ist ein wirklich merkwürdiger Film! Der Roman von John Grisham, auf dem er basiert, handelt vom Prozeß gegen einen Schwarzen, der die beiden Weißen erschoßen hat, die seine Tochter vergewaltigt haben. Nun ist dies nicht gerade ein allzu populärer Stoff, und die Filmemacher haben sich mit einer ganzen Reihe von Subplots aus diesem Dilemma herausgeschummelt. Sie erzählen nun in erster Linie von dem netten, smarten Anwalt, der den Angeklagten verteidigt. Sandra Bullock wird zwar großartig als der Star des Films angekündigt, spielt aber nur eine ganz unbedeutende Nebenrolle. Auch sonst gibt es noch einen ganzen Haufen Schauspieler mit großen Namen, die kaum etwas zu tun bekommen.“ (Chris Tookey) City, UT-Kino

L

Last Man Standing USA 1996, R: Walter Hill, D: Bruce Willis, Bruce Dern, Christopher Walken

„Actionregisseur Walter Hill nahm sich Akira Kurosawas Klassiker „Yojimbo - der Leibwächter“ aus dem Jahre 1961 zum Vorbild und realisierte als Quasi-Remake seine Version vom Kampf bis zum letzten Mann. Dabei verdichtete er die Konventionen aus Gangster-, Western- und Samurai-Filmen und kleidete sie in das Gewand einer griechischen Tragödie. Die Hauptfiguren dieser kargen Inszenierung haben keine Geschichte, und das höllische Grenzkaff Jericho wird zu einem mythischen Ort stilisiert. Ähnlich lakonisch wie in Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“, dem ersten „Yojimbo“-Remake, geht es in diesem existentialistischen Gangster-Epos aussschließlich um Gier, Macht und Tod. Und Bruce Willis überzeugt einmal mehr in der Rolle des einsamen und kaputten Helden.“ (D. Lackner) UFA-Stern

La guerre est finie Frankreich/Schweden 1965, R: Alain Resnais, D: Yves Montand /Originalfassung mit Untertiteln

„Diego ist spanischer Emigrant, Kommunist, Revolutionär aus Überzeugung und von Beruf Verbindungsmann zwischen dem Pariser Hauptquartier und geheimen Widerstandszellen in Spanien, ewiger Verlierer seit bald dreißig jahren, einem Traum treu, an den er selbst nur noch im Traum glaubt. „La guerre est finie“ ist vor allem ein Portrait dieses Mannes, von dem die Glorie eines Verschwörers und alten Kämpfers längst abgeblättert ist. Nichts kinohaft abenteuerliches verklärt ihn; mehr wie ein kleiner Handlungsvertreter in Sachen Umsturz ist er zwischen Spanien und Frankreich unterwegs, nirgends zu Hause; ohne Erfolgsprovision, weil Erfolg nicht sein kann; der Routine müde, der Heimlichkeiten, der Lügen. Yves Montand spielt diesen melancholischen Revolutionär als einen Ritter von der traurigen Gestalt.“ (Süddeutsche Zeitung) Kino 46

Leading Man Großbritannien 1996, R: John Duigan, D: Jon bon Jovi, Lambert Wilson, Barry Humphries

„Wer begehrt wen? Eine Theaterclique im Rausch der Hormone. Das alles kommt Ihnen ziemlich bekannt vor? Stimmt. Denn das seicht vor sich hinplätschernde Psychodrama „Leading Man“ bietet nichts weltbewegend Neues. Was übrigens nicht - wie zu befürchten war - an Softrocker Bon Jovi liegt. Der Barde und Schauspieleleve schlägt sich in seiner ersten Filmrolle wacker und gibt sein Bestes. Das Drehbuch läßt ihn und seine Partner dagegen öfter mal im Regen stehen.“ (Cinema) City

Die Legende von Pinocchio Deutschland/Großbritannien/Frankreich 1996, R: Steve Barron, D: Martin Landau, Udo Kier

„Die kleine Holzpuppe möchte so gerne ein richtiger Junge sein. Und mit ein bißchen Hilfe von den „Muppet“-Puppenkünstlern um „Turtles“-Regisseur Steve Barron wurde dieser Klassiker der Jugendliteratur zu neuem Leinwandleben erweckt. Gut wie immer: Oscar-Preisträger Martin Landau (,Ed Wood') als Gepetto.“ (TV-Spielfilm) Schauburg, UFA-Stern, UT-Kino

Liebe und andere Grausamkeiten Kanada 1993, R: Denys Arcand, D: Thomas Gibson, Ruth Marschall

„Der schöne David steht im Mittelpunkt von sieben Personen, von siebzehn bis Ende zwanzig, irgendwo in einer nordamerikanischen Metropole, ohne Familie, ohne Sozialstruktur, ohne feste Arbeit. Wer Arcand kennt und schätzt, wird von einer gewissen Eindimensionalität enttäuscht sein. Er hat hier ein Theaterstück für die Leinwand eingerichtet, mehr nicht. Er bleibt bei der Guckkastenperspektive des Theaters und schafft trotz Außenaufnahmen keinen filmischen Erlebnis- oder Bedeutungsraum.“ (epd-film) Gondel

Liebe und andere Katastrophen Australien 1996, R: Emma-Kate Croghan, D: Matt Day, Matthew Dyktynski, Alice Gardner

„Für einen Apfel und ein Ei von einem Haufen Filmschul-Absolventen inszeniert (Drehbuchautorin und Regisseurin Croghan war zu der Zeit gerade 23 Jahre alt), hat diese süße und flotte Universitäts-Komödie ein erfrischend zeitgenössisches Flair. Ausnahmsweise glaubt man den Schauspielern wirklich einmal das Alter der Figuren, die sie spielen. Da ist nichts besonders Originelles an dem romantischen „Bäumchen wechsle dich“ des Films, aber Croghan hat einen angenehmen, leichten Stil, und ein geschicktes Auge dafür, was auf der Leinwand anziehend wirkt.“ (Time Out) Atelier

M

Mikrokosmos Frankreich/Schweiz/Italien 1995, R: Claude Nuridsany, Marie Perennou

„15 Jahre Vorbereitung, drei Jahre Drehzeit, sechs Monate Schneiden von 80 Kilometer Filmmaterial haben sich gelohnt: „Mikrokosmos“ entführt in eine Zauberwelt voller Metamorphosen, in der Wesen über das Wasser laufen und Mücken wie Wassernympfen im Mondlicht flirren.“ (Silke Schütze) Schauburg, UT-Kino, Casablanca (Ol), Apollo (Whv)

N

Nightmare Before Christmas USA 1993, R: Henry Selick / Originalfassung mit Untertiteln

„Ein mit viel Liebe zum abscheulichen Detail, wundervoll bösartigen Szenen und mitreißender Musik inszenierter Puppentrickfilm. Jack Skellington, ein spindeldürrer, langbeiniger Knochenmann im zerfetzten Nadelsteifenanzug, ist nicht nur Kürbiskönig, sondern auch anerkannter Meister der Unterhaltung. Jedes Jahr bescheren seine Einfälle den Bewohnern von Halloweentown eine wunderbare Schreckensnacht. Doch Jack ist unglücklich und beschließt darum, dieses Jahr die Weihnachtsfeier auszurichten, was naturgemäß in einer Katastrophe endet.“ (tip) Kino 46, Bgh. Vegesack

P

Peterchens Mondfahrt Deutschland 1987, R: Wolfgang Urchs

„Peterchen und seine Schwester Anneliese fliegen mit dem fünfbeinigen Maikäfer Sumsemann auf den Mond, um dort dessen seit Generationen „verlorenes“ Bein zurückzuholen. Auf Kinder im Märchenalter zugeschnittenes, spannendes und humoriges Zeichentrickfilm-Abenteuer.“ (Lexikon des internationalen Films) Atlantis

Pulp Fiction USA 1994, R: Quentin Tarantino, D: John Travolta, Bruce Willis, Harvey Keitel

„Daß da ausgerechente Tarantino laxer und gefährlicher Umgang mit Gewalt vorgeworfen wird, ist absurd: von Oliver Stones dumpf gespreitzter, schockgeiler und schmierig-koketter Verhunzung des Tarantino-Drehbuchs „Natural Born Killers“ trennen „Pulp Fiction“ Welten.“ (Thomas Klingenmeier) Modernes

R

Regardes les hommes tomber Frankreich 1993, R: Jaques Audiard, D: Mathieu Kassovitz, Jean Louis Trintignant / Originalfassung mit englischen Untertiteln

„Film in der Reihe „Neues französisches Kino“ über einen reichen Handelsvertreter, der sich auf die Verfolgung eines Pärchens macht, das seinen besten Frund umgebracht hat. Kino 46

S

Star Trek - Der erste Kontakt USA 1996, R: Jonathan Frakes, D: Patrick Stewart, Brent Spiner, Marina Sirtis

Achtes Kino-Abenteuer der Science-Fiction-Serie. Europa

T

Der tapfere kleine Toaster USA 1987, R: Jerry Rees

„Zeichentrickfilm über fünf mutige Haushaltsgeräte, die Küche, Abstellkammer und Steckdose verlassen, um ihrem Menschenfreund Robert in die Stadt zu folgen. Witzige Variation des Märchens von den Bremer Stadtmusikanten mit Toaster, Lampe, Staubsauger, Heizdecke und Radio: Etwas besseres als den Schrottplatz finden wir allemal.“ (hip) Gondel

Time to Kill USA 1996, R: Joel Schumacher, D: Metthew McConaughey, Sandra Bullock

Originalfassung ohne Untertitel von „Die Jury“. Kurzkritik siehe dort. UFA-Palast

Todas - am Rande des Paradieses Deutschland 1996, R: Clemens Kuby

„Ein formal und inhaltlich einfühlsam gestaltetes ethnologisches Filmdokument über das kleine Volk der Toda, die von der modernen Zivilisation noch weitgehend unberührt ein selbstgenügsames, spirituell reiches Leben als Sammler und Hirten in Südindien führen. Doch ihr innerer Frieden und ihr Lebensraum ist bedroht durch fremde Kultureinflüße und wirtschaftliche Fortentwicklung.“ (tip) Cinema

Tödliche Weihnachten USA 1996, R: Renny Harlin, D: Geena Davis, Samule L. Jackson

„Stell Dir vor, Du bist Profikiller und weißt es nicht! Die unter partieller Amnesie leidende Lehererin Samantha Caine, die mit Mann und Tochter bis dato ein idyllisches Familienleben führt, wird eines Tages zur Zielscheibe unangenehmer Zeitgenoßen. Geena Davis macht auch als weiblicher Bruce Willis eine gute Figur, doch der innere Konflikt ihrer Rolle ist kaum nachvollziehbar. Renny Harlin, finnischer Regisseur und Ehemann von Geena Davis, kann ohne Zweifel gut mit Action und Explosionen umgehen; aber reicht es, am Schluß einfach alles, was sich nicht wehrt, in die Luft zu jagen? Wohl nicht.“ (V. Bleeck) UFA-Stern, UT-Kinocenter

Trainspotting Großbritannien 1995, R: Danny Boyle, D: Ewan McGregor, Ewen Bremner

„Trainspotting war einmal ein Buch, das Theaterstück wurde und dann Film. Dieser fischt bevorzugt die komödienhaften Elemente aus dem Stoff heraus und treibt sie auf die Spitze. Ein Hauch von Monty Python liegt über dem Ganzen, der signalisiert: Dies hier ist aus U.K.-Zutaten zusammengemixt.“ (taz) UFA-Stern

Tykho Moon Frankreich/Deutschland/Italien 1996, R: Enki Bilal, D: Johan Leysen, Julie Delphy, Michel Piccoli, Peter Berling, Jean-Louis Trintignant

„Das Geschlecht der Marc Bees herrscht über ein postapokalyptisches Paris. Durch die Stadt führt eine Berliner Mauer, der Eiffelturm ist demontiert, und die Bevölkerung lebt in ständiger Angst vor Biopsie-Kontrollen. Der zweite Spielfilm des Comic-Künstlers Enki Bilal scheitert an den Ambitionen, eine fremde, seltsame Welt zu schaffen. Was geheimnisvoll sein soll, ist allenfalls kryptisch, die Bedrohung selbst für intellektuelle Sci-fi-Standards zu stark abstrahiert.“ (tip) Cinema

U

Die Überlebenden Deutschland 1995, R: Andres Veiel

„In einem sehr persöhnlichem Dokumentarspielfilm über drei ehemalige Mitschüler, die sich zwischen 1980 und 1990 das Leben nahmen, und mit dem vielleicht unangemessen pathetischen Titel „Die Überlebenden“, versucht Veiel das „Portrait einer Generation“ zu zeichnen, „die scheinbar durch den Rost der Geschichte gefallen ist“. Die „Überlebenden“ - wen man sie so nennen will - also Bekannte, Freunde, Eltern, Geschwister, Arbeitskollegen, erzählen von den eher unspektakulären Rebellionen und Verweigerungen der drei Selbstmörder: Traurig, unsicher, mitfühlend manche; andere aus der besserwisserischen Arroganz wohlgeordneter Lebenseinrichtungen. Die Toten wirken ein bißchen undeutlich - ganz wie echte Menschen.“ (taz) Kino 46

V

Der verrückte Professor USA 1996, R: Tom Shadyac, D: Eddie Murphy, James Coburn

„Murphy macht sich gnadenlos über seine eigenen schlechten Gewohnheiten lustig und wenn er dies macht, hat der Film genug pointierten Humor, um ein Comeback zu rechtfertigen. Eddie Murphy ist wieder witzig.“ (Rolling Stone) UFA-Stern, UT-Kinocenter

Versprochen ist Versprochen USA 1996, R: Brian Levant, D: Arnold Schwarzenegger, Sinbad, James Belushi

„Der Film zum Merchandising. So weit mußte es ja irgendwann kommen: Arnold Schwarzenegger als besorgter Daddy, der bis zur Bescherung unbedingt das neue Superspielzeug für den Sprößling auftreiben muß. Was kommt als nächstes? De Niro läuft Amok, weil die Batterien im Gameboy fehlen? Demi Moore zeigt alles auf der Suche nach „Striptease-Barbie“? Wir können's kaum erwarten.“ (V. Bleek) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

W

Wer befreite Helgoland? Deutschland 1992, R: Kurt Denzer, Thorsten Schmidt

„Helden waren sie nicht, der Rene Leudesdorff und der Georg von Hatzfeld, die beiden Studenten aus Heidelberg, die im Dezember 1950 die Europafahne auf dem von den Engländern besetzten Helgoland hissten. Auf ihre zivile Ungehorsamstat konzentriert sich der Film. Zeitzeugen, betroffene Insulaner und Historiker kommen darin zu Wort. Daß der Film sehenswert ist, liegt vor allem an seinen Hauptdarstellern. So lange liegt deren Tat zurück, daß sie sie wie eine Anekdote vortragen. Und wir finden sie sympathisch, weil sie so menschlich sind, so humorvoll und so ehrlich.“ (taz) Kino 46