Showdown zum Sparhaushalt

■ Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition bei der Präsentation des Haushalts 1997: Dem Sparziel gar nicht oder ein wenig näher gekommen? Bündnisgrüne: Investitionen in Beton statt in Köpfe

Findet das Land den Weg aus dem Haushaltsloch? Darüber waren sich bei der ersten Lesung des Haushaltes für 1997 die beiden Grandes Dames der Finanzpolitik naturgemäß uneins. Michaele Schreyer (Bündnis 90/Die Grünen) meinte, der Senat sei „der Konsolidierung keinen Schritt näher gekommen“. Die Lücke im Haushalt habe ein Rekordniveau von 11 Milliarden Mark erreicht, sagte Schreyer im Hauptausschuß. Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) dagegen verteidigte ihre Haushaltspolitik als erfolgreich: „Wir sind ein Stück weitergekommen.“

Die Senatorin verwies auf den Abbau der Ausgaben, der Investitionen und der Personalausgaben in dem 45 Milliarden Mark schweren Etat – und gestand ein, „daß die Konsolidierung noch nicht abgeschlossen ist“. Die Opposition höhnte, nicht nur die Sanierung sei ungewiß, die Zusammenstellung des dicken Zahlenwerks sei insgesamt auch noch gar nicht abgeschlossen. Im Haushaltsbuch fehlten auch gestern, bei der ersten Vorlage im Parlament, die Daten für Finanzplanung und Investitionen bis 2000, weil sich die Große Koalition darüber bisher nicht einigen konnte. (siehe Kasten)

Die PDS schoß sich derweil auf Bausenator Jürgen Klemann (CDU) ein. Klemann blockiere „systematisch die Reduzierung der Investitionen in Entwicklungsgebiete“, sagte Fraktionschef Harald Wolf. Als Symbol zitierte Wolf den Umgang mit der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“. Skandalöserweise habe Klemann „jede unsinnige Investition verteidigt“, so Wolf, um dann die „Topographie“ zu stoppen. Senat und Abgeordnetenhaus haben inzwischen beschlossen, die neue Gedenkhalle auf dem Prinz-Albrecht-Gelände wie geplant fertigzustellen.

Der PDS-Mann Wolf bezweifelte, daß der Haushalt verfassungskonform sei. Er rief den Rechnungshof dazu auf, die Höhe der Vermögensverkäufe (insgesamt 5,8 Milliarden Mark) auf ihre Verfassungstauglichkeit zu prüfen. Wolf bot der Finanzsenatorin zudem seine Hilfe an. Wenn Fugmann-Heesing mit dem investitionswütigen Bausenator nicht zu Rande komme, solle sie „den Hauptausschuß“ um Hilfe bitten. Michaele Schreyer zog das Resümee, der Senat investiere immer noch „zuviel in Beton und zuwenig in Köpfe“.

Die schwarz-rote Koalition stellte sich bei der Haushaltsdebatte hinter den Senat. Die Finanzkrise sei der wirtschaftlichen Schwäche und den außerordentlichen Aufgaben der Hauptstadt geschuldet, meinte Reinhard Führer (CDU). Verantwortung trage auch die PDS. „Der Schrotthaufen, den Sie uns hinterlassen haben“, so der CDU-Haushälter, „mußten wir aufräumen, Herr Wolf.“ Harald Wolf allerdings stammt aus Westberlin. Der SPD-Politiker Klaus Wowereit hob die Prioritäten der Koalition hervor: Die Regierung müsse vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und die soziale Integration Sorge tragen, erklärte er. Christian Füller