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: SPD extra dry

Mit dem SPD-Mosel-Riesling-Sekt extra dry, der im neuen Vorwärts angeboten wird, beweist die Partei wieder einmal Geschmack. Vor allem der 94er Jahrgang überzeugt den Kenner. Denn in diesem legendären Weinjahr vermieden die Winzergenossen den Fehler früherer Zeiten, zu hohe Erträge einzufahren und damit große Mengen „Auslese“ oder gar „Kabinett“ zu produzieren.

Statt dessen setzten die Genossen 1994 nach reiflicher Diskussion auf geringe Erträge. Für diese Zurückhaltung werden sie jetzt belohnt: Ihr Sekt hat „sich im Blindtest gegen angesehene Sektmarken einen der vorderen Plätze erobert“, wie der ehemalige Mainzer Oberbürgermeister Jockel Fuchs beschwingt feststellt. So ist der Sekt ein echtes SPD-Produkt geworden, das heute noch ein bißchen konturlos und etwas diffus wirkt, aber sein volles Potential schon nach wenigen Jahrzehnten Reifezeit entwickeln wird.

Daß die SPD verspricht, Ihre Flaschen frei Haus zu liefern, ist ebenfalls begrüßenswert. Denn welche andere Partei präsentiert dem Wähler ihre Flaschen mit einem derartigen Einfallsreichtum? Und dann noch der „sozialdemokratische Preis“: 10 Mark pro Flasche, von denen ein Teil sogar an die SPD zurückfließt, wie uns Jockel Fuchs im Vorwärts verspricht. Das zeigt doch, wieviel uns das prickelnde Erlebnis der deutschen Sozialdemokratie wert sein muß.

Insgesamt also ein beachtenswerter Weg zum Parteigenuß. Nur einen Vorschlag sei abschließend gewagt: Vielleicht könnte die Partei im nächsten Jahr ein „95er Mannheimer Sondercuvée“ herausbringen? Schäumend, verheißungsvoll, mit mandelbitterem Abgang. Für den Kater danach empfehlen sich die Kopfschmerztabletten „Oskar-Seltzer“.

P.S.: Basierend auf der Sekt-Testmethode haben Wissenschaftler weitere Geschmacksversuche mit sozialdemokratischen Produkten durchgeführt. Das erstaunliche Ergebnis: Im Blindtest hat sich das SPD-Parteibuch gegen angesehene Parteimarken einen der vorderen Plätze erobert. Felix Berth