Ein gefährlicher Kuhhandel für Kampnagel

■ Förderverein bietet Wohnungsbau gegen eine Sanierung der Hallen n Von Till Briegleb

Ein höchst gewagtes politisches Spiel um die Randbebauung von Kampnagel eröffnete am Dienstag abend die SPD-Politikerin und Vorsitzende des Kampnagel-Fördervereins Anke Kuhbier. Gemeinsam mit dem Architekten Bernhard Winking präsentierte sie das modifizierte Modell eines bereits November 1993 vorgestellten Plans des Vereins. Dieser verbindet eine Wohnbebauung an der Jarrestraße mit der Gesamtsanierung der Kulturfabrik inklusive zentralem Glasfoyer für alle Hallen.

Grundidee des heiklen Vorschlages ist, daß durch den Verkauf der Grundstücksteile an eine Genossenschaft die circa 12 Millionen Mark erbracht werden, die die Sanierung und der Umbau der Hallen kosten würde, die ohne Hilfe „höchstens noch zehn Jahre überstehen“ (Winking). Erschwerend kommt hinzu, daß, so Jack Kurfeß, Geschäftsführer der Kulturfabrik, „der Umbau vor der Randbebauung geschehen muß, sonst können wir gleich zu machen.“

Das Gefährliche an diesem sozialdemokratischen Kuhhandel zwischen Kampnagel und seinen Gegnern in Bezirk und Senat, die nach wie vor die Hallen für den sozialen Wohnungsbau opfern wollen, liegt darin, daß es ein Angebot ohne Verhandlungsmasse ist. Denn Frau Kuhbiers Hoffnungen, daß der Senat einsieht, „daß er das eine nicht ohne das andere haben kann“, stehen desssen finanzielle Gelüste gegenüber. Diese hatten schon im November '93 zu heftigen Reaktionen des damaligen Finanzsenators Curilla auf derartige „Träumereien“ geführt.

Sollte aber, ein Veto der Finanzbehörde zu diesen Plänen vorausgesetzt, die Randbebauung ohne eine Verlegung des Kampnagel-Foyers zur Barmbeker Straße durchgeführt werden, würden sich Kampnagel-Besucher beim Verlassen der Hallen zwischen den Gartenzwergen der neuen Nachbarn wiederfinden. Da wegen der Vergiftung des Bodens keine Tiefgaragen gebaut werden können, würden zudem überirdische Gemeinschaftsgaragen bis an die Hallen reichen. Daß diese konfliktträchtige Situation das ganze Gelände gefährdet, ist Furcht beziehungsweise Absicht auf den jeweiligen Seiten.

Zwar erklärte Bernd Meyer, Pressesprecher der federführenden Stadtentwicklungsbehörde, daß der modifizierte Winking-Plan „die Grundlage für unser Arbeit“ bildet, allerdings mit dem Zusatz, „daß wir nicht entscheiden, wie man das möglich machen kann.“ Im April wird es ein Spitzengespräch in der STEB geben. Sollte sich dann die Position der Finanzbehörde durchsetzen, droht Kampnagel der schleichende Tod.