Musikalische Gedächtniskapelle

■ Die Jungen Philharmoniker enttäuschten in der Musikhalle

„Die Musik als tönende Architektur“ – das sollte das Leitmotiv des Konzerts der Jungen Deutschen Philharmonie sein. So jedenfalls verkündete es Dirigent Andreas Delfs denjenigen, die am Montag abend den Weg in die Musikhalle zum Konzert des gesamtdeutschen Nachwuchsorchesters gefunden hatten. Die Dürftigkeit dieses Mottos erwies sich schon in Delfs' knapp halbstündiger Eingangsansprache, in der fragwürdige Verbildlichungen der Musik den einheitsstiftenden Bezug herstellen sollten. Eine tänzerisch-bewegte Stelle aus der einstudierten Bruckner-Sinfonie verkam so beispielsweise zum „fröhlichen musikalischen Richtfest“.

Dies beiseite gelassen, war die getroffene Werkauswahl in ihrer Mischung aus einem Happen Zeitgenössischem, klassischer Moderne und romantischer Sinfonik ein repräsentatives Tourneeprogramm, so recht geeignet, verschiedene Facetten orchestralen wie dirigentischen Könnens unter Beweis zu stellen. Bereits die einleitenden Fluorescences von Krystof Penderecki enttäuschten jedoch, der Schocker von einst wirkte befremdlich banal, die zur Schau gestellten „Klangerzeugungstechniken“ wie Sägen und Maschineschreiben waren ohne Aufladung ihres orchestralen Kontextes weder verstörend noch überraschend.

Noch ärger geriet das Berg-Violinkonzert. Die „musikalische Gedächtniskapelle“ (Delfs) wurde im grauen Einheitsputz präsentiert. Die uninspiriert-farblose Begleitung fiel um so negativer auf, da Solist Christian Tetzlaff zeigte, wie man's besser macht: Mit großer Ausdrucksbreite und intensivem Geigenton, dessen Spektrum von klanglicher Rauhheit bis zu gesättigter Klangschönheit reichte, interpretierte er seinen Part gleichermaßen persönlich wie modellhaft.

Den Abschluß bildete Anton Bruckners 6. Sinfonie, die sich gegenüber den Schwächen bei Dirigat und Orchester noch am robustesten erwies. Delfs setzte hier bei flüssigen Tempi auf plakative Kontraste, ließ das Blech dreinfahren und die Streicher ihre Melodiebögen aussingen. Die immerhin anerkennenswerte Kraftleistung der Jungphilharmoniker reichte aber letztendlich nicht aus, um diesen Abend zu retten. Jörg Königsdorf