„Ein Stück St. Pauli geht verloren“

■ Wut und Empörung über die Schließung des Hafenkrankenhauses

Trauerstimmung am Tag danach. Vor dem Krankenhaus ist die schwarze Fahne gehißt. Überall betroffene Gesichter und Unverständnis über die Entscheidung des Aufsichtsrates am Donnerstag. „Gestern war das Wetter nicht so kalt wie die Senatorin“, kommentiert Ralf-Peter Krause, Personalratsvorsitzender im Hafenkrankenhaus, den Abend, an dem er und seine KollegInnen zitternd auf das Votum der Aufsichtsrätler warteten. Die Schließung der Kiez-Klinik ist für die Leiterin der EDV-Abteilung im Hospital, Grazyna Labe, „kurzsichtiger Aktionismus“. Ihr Kollege Andreas Stock hält das Aus für „ein Bauernopfer“.

„Da wird am falschen Ende gespart“, meint auch Manfred Marx, ein Textilingenieur aus Tübingen, dessen Mutter Patientin ist. „Statt die Grundversorgung zu sichern, wird das Geld für teure Geräte- und Apparatemedizin verbuttert.“

„Wir haben einen intelligenten Kampf geführt mit viel Herz“, beschreibt Personalratsmitglied Uwe Hinck die Bemühungen für das Hafenkrankenhaus. Der Donnerstagabend war seiner Meinung nach „menschenverachtend“. Noch vor der Belegschaft sei die Presse über die Schließung informiert worden. Währenddessen hätten „rund 20 Polizisten um uns 50 Mitarbeiter“ herumgestanden. „Rückblickend“, so Hinck, „haben wir zu lange gehofft, daß die Konzepte des Personalrats wahrgenommen werden.“

Ralf-Peter Krause ist sich sicher: „Die Menschen in diesem Stadtteil sind zu 40 Prozent Ausländer, und die haben eben keine Lobby.“ Er glaubt jedoch, daß „die Ambulanz bleiben und zu so etwas wie einem Feldlazarett werden wird“.

Auf dem Gelände des Krankenhauses herrscht völliges Unverständnis über die Entscheidung, „ein Stück St. Pauli“ zu schließen. „Die starke Bindung an den Stadtteil“ und „die zentrale Lage“ sprächen doch eindeutig für die Klinik. „Außerdem schreibt sie doch schwarze Zahlen“, sagt Thorsten Amschler, einer der Patienten.

Die 53jährige Telefonistin Karin Möller an der Pforte glaubt nicht, daß alle MitarbeiterInnen wie versprochen beschäftigt bleiben: „Die Mehrheit wird sicher nicht übernommen, und ich weiß nicht, wo ich in meinem Alter anderswo noch Arbeit finde.“

Der Ausverkauf des Hafenkrankenhauses hat schon begonnen. Täglich, so Krause, klingelt das Telefon: „Das Kreiskrankenhaus in Burg auf Fehmarn wollte die Ausrüstung unserer Intensivstation mit Personal kaufen.“ Christine Andersen