Gärprozesse in Handwerkskammer

■ ArbeiterInnen wollen nicht für „Arbeitgebersprachrohr“ zahlen

Die ArbeitnehmerInnen in der Bremer Handwerkskammer haben die Nase voll. 110.000 Mark jährlich zahlen sie an den Deutschen Handwerkskammertag (DHKT). Das soll sich jetzt ändern – sie wollen die Beiträge streichen. Der DHKT betreibe eine arbeitnehmerfeindliche Lobbyarbeit in Bonn. Nach Auffassung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gefährdet dies sogar erheblich den sozialen Frieden in den Handwerksbetrieben.

„Die Scharfmacher vom DHKT haben Bundeskanzler Kohl die Maßnahmen zum Abbau von sozialen Sicherungen, wie die volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, diktiert“, sagt Hugo Köser, Vizepräses und ArbeitnehmerInnenvertreter in der Handwerkskammer. „Aus einer Initiative des Handwerkskammertages resultiert die praktische Aufhebung des Kündigungsschutzes in kleineren und mittleren Betrieben.“ Dieses „Arbeitgebersprachrohr“ wolle man nicht weiter mitfinanzieren.

4.500 Unternehmen sind der Bremer Handwerkskammer angeschlossen. Sie zahlen automatisch ihre Beiträge und damit auch ihr Scherflein an den DHKT. Wie in anderen Bundesländern auch ist die Bremer Kammer aber nur zu einem Drittel mit ArbeitnehmerInnen besetzt. Damit besteht keine Chance, direkt über eine Abstimmung die DHKT-Beiträge zu streichen. Das weiß auch Köser: „Wir haben zunächst den Antrag gestellt, die Zahlungen zu stoppen. Außerdem fordern wir eine paritätische Besetzung der Kammer.“

Für den DHKT selbst, in dem außer zwei von sechs Mitgliedern im Vorstand keine Arbeitnehmervertreter sitzen, will man sich beim neuen Präsidenten Dieter Philipp für eine stärkere Präsenz der ArbeiterInnen einsetzen. „Man soll die Hoffnung nie aufgeben“, so das leicht resignierende Fazit Kösers. Hatte doch Philipps Vorgänger Heribert Späth die Arbeitnehmervertreter bei diesem Ansinnen stets „abgebügelt“.

Herbert Blume, Sprecher des DHKT, bügelte gestern ebenfalls die Klagen der ArbeitnehmerInnen ab: „Die Drittelparität hat sich im Lauf der Jahrzehnte bewährt. Natürlich gibt es immer eine gewisse Kontroverse zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern.“ Zugleich habe man aber auch viele positive Änderungen im Einklang durchgepaukt – so zum Beispiel die Novellierung der Handwerksordnung. Für Blume ist klar: „Das Thema Lohnfortzahlung ist heikel und darum gärt es jetzt ein bißchen bei uns an der Basis.“ Das sei aber nicht weiter schlimm. Es werde auch wieder Einigkeit geben. Nur eine Änderung der Drittelparität oder ein Einzug der ArbeitnehmerInnen in den DHKT, das kann sich Blume beim besten Willen nicht vorstellen. jeti