Nie mehr: „Bin nicht zuständig“ im Amt

■ Modellversuch zum 50.Geburtstag soll zunächst drei Ortsämter zu Bürgerbüros machen

Mit dem nervigen Rennen von Pontius zu Pilatus von einem Amt zum anderen soll es bald ein Ende haben. Bürgernähe, kurze Wege und Service aus einer Hand heißen die Zauberworte, nach denen Bremens Ortsämter zu „Bürgerbüros“ werden sollen. Pünktlich zum heutigen 50. Jubiläum der Ortsämter und Beiräte stellte Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) seine Vortstellungen für eine Reform der „dezentralen Verwaltung“ vor.

Anfang des Jahres soll ein Modellversuch in Vegesack, Blumenthal und Horn-Lehe anlaufen, um neue Organisationsformen zu erproben. Eine Analyse hatte ergeben: Die Zentralisierung der an die zwölf größeren Ortsämter angekoppelten Meldestellen bringt keine Spareffekte. Um dennoch billiger arbeiten zu können, soll die Gliederung nach Zuständigkeiten in den Ortsämtern auflösen.

Jeder Mitarbeiter soll sich in allen Fachgebieten auskennen und sowohl Pässe ausgeben (Meldestelle), Wohngeld auszahlen (Wohnungswesen) und Gewerbegenehmigungen ausstellen können. Später soll auch der Sozialhilfebereich und neue Dienstleistungen wie Ticketverkauf oder Organisation des Anwohnerparkens hinzukommen. Postagenturen könnten integriert werden oder Stadtteilshops, die eigene Einnahmen bringen.

Für Bortschellers Referatsleiter Jens Knudtsen steht fest: „Wenn man die Sache weiterdenkt, muß man an Arbeitszeiten ran und auch ans Dienstrecht“. Auch Teile der Fachressorts könnten in die Ortsämter verlagert werden, glaubt Borttscheller. Zunächst sollten aber sogenannte „Back-Offices“ eingerichtet werden, die mit der Zentrale vernetzt sind und kompliziertere Anfragen beantworten sollen.

Damit es klappt, müssen die Beschäftigten mitziehen. Der Gesamtpersonalrat unterstützt das Projekt, fordert aber wie die Ortsamtsleiter ausreichend Personal und technische Ausstattung. Borttscheller kündigte jedoch vorsorglich an, die Reform gegen „Bedenkenträger“ notfalls „par ordre de mufti“ durchzusetzen.

Der Versuch soll aber frei sein: „Die Behörde hat uns zugesichert, daß wir uns frei entscheiden können“, sagt Petra Schmücker, Personalrätin im Ortsamt Horn-Lehe. Jedoch: Die Sache dauert mindestens zwei Jahre. Erstmal müßten die Kollegen weitergebildet, alle Computer untereinander vernetzt und die Dienststellen in einem Großraumbüro zusammengeführt werden. Dennoch: „Es ist toll, seinen eigenen Laden zu organisieren. Dafür arbeitet man gerne mehr.“

Die Grünen hatten gefordert, auf eine Erprobungszeit zu verzichten. Die Ziele seien klar, andernorts arbeiteten „Bürgerbüros“ bereits, man müsse das als gut Erkannte flächendeckend umsetzen.

Borttscheller hält die Bremische Verwaltung mit ihrer 1946 von den Amerikanern geschaffenen Beiräte-Struktur jedoch schon heute für bürgerfreundlicher als die anderer Städte. Hier hat der Senator seine Meinung um 180 Grad geändert. Früher war er für die Zentralisierung der Meldestellen. Jetzt sollen sich diese Konkurrenz machen, seit alle mit dem DEMOS-Computersystem für die ganze Stadt zuständig sein können. jof