Rechentrick nach Schönbohm-Art

■ Innenverwaltung trickst die Bezirke aus: Dort müssen in den nächsten vier Jahren tausend Stellen mehr abgebaut werden, als bislang angenommen

Trotz gegenteiliger Beteuerungen wird bei den Bezirken viel mehr Personal gekürzt als bei den Senatsverwaltungen. Gestern wurde bekannt, daß durch eine besondere Berechnungsmethode in den Bezirken jährlich nicht 1.900 Stellen, sondern über 2.100 Positionen wegfallen.

Die Innenverwaltung erreicht dies, indem sie die geldliche Einsparsumme in den Bezirken über einen Durchschnittssatz berechnet, der deutlich zu hoch gegriffen ist. „Das ist wieder ein Beispiel für die Schlitzohrigkeit der Hauptverwaltung, zuungunsten der Bezirke zu kürzen“, sagte der bündnisgrüne Haushaltsexperte Arnold Krause.

Der bündnisgrüne Bezirksverordnete Oliver Schruofeneger kam dem „neuesten Trick“ der Personalplaner im Innenressort auf die Spur. Um die Stellenreduzierungen umsetzen zu können, muß eine geldliche Einsparsumme festgelegt werden. Bei den Bezirken beträgt sie jährlich 133 Millionen Mark, weil die Personalabteilung der Innenverwaltung die Stellenzahl (1.900) mit dem gesetzlichen Durchschnittswert von 70.000 Mark multipliziert hat.

Im Schnitt ist eine Position aber nur rund 60.000 Mark wert – die Bezirke müssen also jährlich über 200 Angestellte und Beamte mehr abbauen. Auf die Legislaturperiode bezogen, bedeutet das ein Mehr an fast 1.000 Beschäftigten.

Bei den Senatsverwaltungen wurde viel präsziser gerechnet. Dort haben die Personalreferenten fein säuberlich für jedes Ressort „individuelle Durchschnittssätze“ berechnet. Beim Regierenden Bürgermeister in der Senatskanzlei beträgt der Schnitt demnach 78.000 Mark, im Haus des Innensenators 60.000 Mark und bei den Bau- und Verkehrsverwaltern 83.000 Mark.

„Durch die Ermittlung eines individuellen Durchschnittssatzes wurde der differenzierten Beschäftigungsstruktur in den Senatsverwaltungen Rechnung getragen“, begründen die Beamten von Jörg Schönbohm ihr Vorgehen. Bei den Bezirken haben sie darauf verzichtet. Dort wurde ein – inzwischen veralteter – Durchschnittssatz verwendet.

Der Tiergartener Bürgermeister Jörn Jensen will das Thema bei der nächsten Sitzung des Rats der Bürgermeister auf den Tisch bringen. „Wir werden versuchen, dieses deutliche Mehr an Personalabbau zu revidieren“, sagte Jensen der taz. Im Notfall will Jensen darauf beharren, jährlich nur die gesetzlich festgeschriebene Stellenzahl von 1.900 abzubauen.

Im Zuge des wenige Tage alten Beschlusses zur Gebietsreform war den Bezirken zugesichert worden, daß die Zuständigkeiten der Hauptverwaltung konsequent beschnitten würden. Die jetzt bekanntgewordene Praxis widerspricht dem, weil sie in den Bezirken überproportional Stellen wegfallen läßt. Christian Füller