RWE-Chef: „Braunkohle hat es schwer“

■ Wegen niedriger Kohlepreise könnte RWE von Garzweiler II abrücken

Essen (taz) – Die Konzernspitze des Essener Energiemultis RWE könnte bei einem Scheitern des Braunkohletagebaus Garzweiler II offenbar ohne größere Probleme umsteuern. Das hat der oberste RWE-Chef, Dietmar Kuhnt, während der RWE-Hauptversammlung am Donnerstag erstmals öffentlich eingeräumt. Mit Blick auf die juristischen Verfahren vor dem Verfassungsgericht Münster sagte Kuhnt: „Sollte sich kurzfristig ergeben, daß wir umplanen müssen, so sind wir dazu durchaus in der Lage.“

Offiziell hält RWE zwar weiter an dem Projekt fest, aber unter ökonomischen Aspekten sieht die Zukunft der Braunkohle nicht gerade rosig aus. Bei Kuhnt selbst hört sich das so an: „Aufgrund der niedrigen Importenergiepreise hat es die Braunkohle schwer, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu behaupten.“ Damit bestätigte Kuhnt indirekt die Befürchtungen des Vorsitzenden der Bergbaugewerkschaft IGBE, Hans Berger. Der hatte schon im Sommer angesichts der Liberalisierung der europäischen Strommärkte und der günstigen Erdgaspreise von seiner zunehmenden „Angst um die Zukunft der deutschen Braunkohle“ gesprochen. Vor allem für Garzweiler II könne die Entwicklung „ein dickes Problem werden“.

Berger registriert „mit Sorge“, daß neue Kraftwerke in Industriebetrieben und Kommunen aus Kostengründen fast nur noch auf Gasbasis gebaut werden. RWE selbst mischt dabei kräftig mit. Für Großkunden wie BASF, Hoechst und Opel baut der Konzern neue Kraftwerke mit hintereinandergeschalteten Gas- und Dampfturbinen, die zugleich die Nutzung der Abwärme ermöglichen. Alle Investitionen für Garzweiler II liegen dagegen zur Zeit auf Eis.

Laut Kuhnt ist dafür nicht der Markt, sondern die „unsichere Genehmigungssituation“ verantwortlich. Man wolle erst einmal den Fortgang der bei der bündnisgrünen Umweltministerin Bärbel Höhn angesiedelten wasserrechtlichen Genehmigung „sehr sorgfältig beobachten“ und davon „weitere Investitionsentscheidungen abhängig machen“.

Möglicherweise kommt RWE das Verfahren aber auch gerade recht, um der Politik einen ökonomisch gebotenen Rückzug aus dem Projekt in die Schuhe schieben zu können. Der Zorn der Beschäftigten entlüde sich dann dort. Walter Jakobs