Volkswagen-Piech fein raus

■ Umfangreich belegte Anklage wegen Geheimnisverrats nur gegen Einkäufer Lopez. VW: Treffen mit Kontrahent General Motors schon Weihnachten möglich

Darmstadt (taz) – Mehr als drei Jahre dauerte die Ermittlungsarbeit. 196 Zeugen wurden vernommen, 23.000 Seiten Akten angelegt und in 40 Aktenbänden abgeheftet. Und die auf Disketten abgespeicherten Beweismaterialien in Verwahrung des hessischen Landeskriminalamtes (LKA), so der leitende Oberstaatsanwalt Gerhard Andres gestern in Darmstadt süffisant, würden ausgedruckt rund 2,2 Millionen Seiten füllen. Die Anklage der Staatsanwaltschaft in Darmstadt gegen José Ignacio López Arriortua und drei seiner (ehemaligen) Mitarbeiter, die alle noch bei VW beschäftigt sind, steht: Unterschlagung und Verrat von Betriebsgeheimnissen zum Nachteil der Adam Opel AG in Rüsselsheim und zum Nachteil von General Motors (GM) in Detroit, USA.

Der Vorstand von VW, mit Ferdinand Piäch an der Spitze, scheint dagegen – was das mögliche Hauptverfahren in Deutschland anbelagt – aus dem Schneider zu sein. Daß Piäch oder andere Vorstandsmitglieder von VW mit dem 1993 von Rüsselsheim nach Wolfsburg gewechselten Spitzenmanager die angeklagten Straftaten mit planten oder den Basken gar dazu anstifteten, sei bei den Ermittlungen zwar „als Verdacht immer im Kopfe gewesen“. Doch „zureichende Anhaltspunkte“ dafür, daß jemand von VW tatsächlich an den Tatvorwürfen gegen López und seine drei Freunde „mitgewirkt“ habe, hätten sich bei diesen Ermittlungen nicht ergeben, sagte Oberstaatsanwalt Andres.

Konkret sollen sich López und die mit ihm von Opel oder GM zu VW gewechselten Manager Gutierrez, Alvarez und Piazza vor ihrem Wechsel diverse Geschäftsunterlagen aus den Bereichen Forschung, Planung, Fertigung und Einkauf beschafft haben, um sie für ihre Arbeit bei VW auswerten zu können – darunter Ausarbeitungen von Opel zur Errichtung einer neuen Automobilfabrik im Baskenland, eine Liste mit Einkaufsdaten für die europäische Fertigung und verschiedene Listen mit Kostendaten zu den Pkw-Modellen Coras, Omega, Astra und Vectra. Ferner Unterlagen über die Einkaufsstrategien für neue Projekte von Opel und GM, etwa im Kleinwagenbereich.

Aus VW-Kreisen in Wolfsburg hieß es gestern, die Chancen für eine Beilegung des Konflikts seien gestiegen. Weil es laut Statsanwaltschaft keinen Hinweis auf eine Beteiligung von VW an den López zur Last gelegten Straftaten gebe, könnte es bereits während der Weihnachtsfeiertage zu einem Treffen von VW und GM in den USA kommen. Ferdinand Piäch weilt jedenfalls schon im Ausland, angeblich sogar in den USA. Klaus-Peter Klingelschmitt