Steinkohle

■ betr.: „Gleitflug statt Sturzflug“, taz vom 13. 12. 96

Der Ausstieg aus der Steinkohle muß sozial- und auch umweltverträglich gestaltet werden. In dem Punkt unterscheidet sich die Position der Grünen entscheidend von den Vorschlägen der Bonner Regierungskoalition, die allein unter Finanzaspekten an das Thema herangeht. Leider bestimmen aber im wesentlichen die finanzpolitische Debatte und die Diskussion um die Arbeitsplätze der Bergleute die Auseinandersetzung. Mit dem Ausstieg aus der Steinkohle sind aber nicht nur finanziell einschneidende Veränderungen verbunden, vielmehr wird die Situation ganzer Städte, in denen der Kohlebergbau stattfindet, insgesamt gravierend verändert. Wie diese Probleme aufgefangen oder zumindest gemildert werden können, dazu fehlt bisher jegliche Stellungnahme seitens der Regierungskoalition.

Hier droht lokal und regional ein ähnlicher Kahlschlag, wie er im gesamten Osten seit der Wende stattgefunden hat. Damit verbunden die gleichen Probleme von Arbeitslosigkeit und sozialen Folgewirkungen. Auch die SPD, die sich bisher immer als Hüter des Bergbaus und der Kumpel dargestellt hat, bietet konkret zu diesen Problemen bisher inhaltlich nichts. Die Grünen versuchen zumindest Lösungsansätze zu entwickeln, integrierte und wirklich überzeugende Konzepte für den Strukturwandel und zur Lösung der Probleme, der vom Bergbau betroffenen Städte, wurden aber ebenfalls noch nicht vorgelegt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, soll die wirtschaftliche Krise im nördlichen Ruhrgebiet nicht wesentlich verschärft werden.

Für ein integriertes Konzept des Strukturwandels besteht zudem die Notwendigkeit, mehr als nur die Arbeitsmarkt- und soziale Frage zu lösen. Auch die ökologischen Fragen und Folgeprobleme des Steinkohlebergbaus bedürfen einer überlegten Strategie. Es können nicht einerseits Bergwerke mit noch vorhandenen Kohlevorräten stillgelegt werden, und auf der anderen Seite wird die Nordwanderung mit neuen Anschlußbergwerken von der Ruhrkohle AG in die ökologisch sensiblen Bereiche des südlichen Münsterlandes vorangetrieben. Denn dies ist auch weiterhin die Absicht der Ruhrkohle AG, solange nicht der Bergbau endgültig beendet wird.

Eine Auskohlung alter Bergwerksstandorte ist auch und gerade unter Umweltaspekten sinnvoll, will man nicht einer weiteren Nordwanderung Vorschub leisten. Zudem bedürfen die Grundwasser-, Senkungs- und Berghaldenprobleme einer langfristigen und dauerhaften Lösung, die auch finanziell abzusichern ist. Der Bergbau und die Politik dürfen sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen und die Betroffenen mit den Problemen allein lassen. Ein überzeugendes, standortbezogenes, ökologisch und sozialverträgliches Umstrukturierungskonzept (inklusive Finanzierungskonzept) ist dringend notwendig. Die durch die Reduzierung frei werdenden Finanzmittel müssen zunächst für den Regionalumbau und, soweit möglich, zur Behebung der ökologischen Probleme verwandt werden. Zu lange schon hat die Politik von SPD und CDU der Region viel versprochen und wenig gehalten. Bündnis 90/Die Grünen können hier neue Wege beschreiten und Zukunftsfähigkeit beweisen. Rüdiger Sagel, Bündnis 90/

Die Grünen, Münster