Eiertanz um Ex-SS-Mann Priebke

■ Auch Zivilgerichte fühlen sich für den Fall nicht zuständig

Rom (taz) – Neuer Theatercoup im Fall des ehemaligen SS-Mannes Erich Priebke, der 1944 an der Ermordung von 335 Zivilgeiseln in der Nähe von Rom beteiligt war: Nachdem sich Anfang Dezember schon das Militärtribunal für unzuständig erklärt hat, will nun auch die Zvilgerichtsbarkeit nichts mit der Sache zu tun haben. Nun muß das Kassationsgericht entscheiden, wer zuständig ist.

Immerhin hatte das Militärtribunal bereits einen vollen Rechtszug gegen Priebke durchgeführt – und mit einem von vielen als Skandal betrachteten Urteil abgeschlossen. Zwar hatte das Gericht Priebke des Massenmordes für schuldig befunden worden, die Tat aber wegen kleiner Milderungsgründe für verjährt erklärt.

Der Institutionenkonflikt rührt von einer Grundsatzfrage her: Welchen Status hatte die SS? In der ersten Instanz wurde sie als militärische Formation betrachtet und daher den Militärrichtern überantwortet. Dagegen hatten sich die Vertreter von Hinterbliebenen der Opfer gewehrt: Ihrer Ansicht nach war die SS eine politische Formation, sie sei auch bisher in keinem einzigen Kriegsverbrecherporozeß als militärische Einrichtung anerkannt worden. Dem hatte das Militärgericht nach dem Urteil recht gegeben.

Doch nun hat sich die ordentliche Gerichtsbarkeit eine neue Version ausgedacht, um den Fall Priebke – und den damit verbundenen Fall des Mitfüsilierers Karl Hass – zu den Militärs zurückzuschieben. Die SS, so der stellvertretende Generalstaatsanwalt, sei eine polizeiartige Einrichtung gewesen, ähnlich den italienischen Carabinieri. Und da die Carabinieri offiziell dem Militär angehören, sei auch die SS Teil des deutschen Militärs gewesen. Immerhin scheint den Oberankläger seine Argumentation doch selbst nicht ganz zu überzeugen: Für alle Fälle habe er eine vorläufige Anklageschrift „wegen mehrfachen Mordes in besonders schweren Fällen“ vorbereitet. Das Kassationsgericht wird sich erst im neuen Jahr äußern. Bis dahin bleiben Priebke und Hass im Gewahrsam der italienischen Behörden. Werner Raith