Vorerst Wortgefechte

■ Israels Siedlungsbau stößt auf Kritik

Jerusalem/Kairo/Dublin (dpa/ taz) – Israel will vor einem Abschluß der Verhandlungen mit den Palästinensern die bestehenden Siedlungen erweitern, aber vorerst keine neuen bauen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte gestern: „Es ist jetzt nicht die Zeit, über neue Siedlungen zu entscheiden. Dies sollte bis zur endgültigen Lösung warten, wenn wir wissen, welche Gebiet unter israelischer Kontrolle bleiben werden.“

Palästinenserpräsident Jassir Arafat beschuldigte dagegen die israelische Regierung gestern, sie wolle keinen Frieden. Gleichzeitig bestritt er, eine Welle der Gewalt im Westjordanland und im Gaza- Streifen auslösen zu wollen. In Gaza-Stadt sagte der PLO-Chef: „Es ist diese Regierung und dieser Regierungschef, die keinen Frieden wollen. Sie lassen Propaganda verbreiten, daß wir sie bekämpfen wollen.“

Die US-Regierung hatte Israel am Freitag kritisiert, nachdem das israelische Kabinett angekündigt hatte, jüdische Siedlungen im Westjordanland und im Gaza- Streifen zur „nationalen Priorität“ zu erklären. „Das ist wirklich beunruhigend“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Nicholas Burns. Der Friedensprozeß im Nahen Osten werde zweifellos erschwert, wenn eine Seite den Ausgang der Verhandlungen vorwegzunehmen scheint. Die USA wollen sich nach den Worten von Vizeaußenminister Robert Pelletreau während der zweiten Amtszeit von Präsident Bill Clinton verstärkt für eine Nahost-Friedenslösung engagieren. Auch der EU- Gipfel hatte die israelische Siedlungspolitik am Samstag in den besetzten Gebieten als größtes Hindernis für den Frieden bezeichnet. Der FDP-Politiker Jürgen Möllemann forderte die Europäische Union zu Sanktionen gegen Israel auf. Sie solle „den gleichen politischen Instrumentenkoffer einsetzen, den sie gegenüber Exjugoslawien zur Durchsetzung des Dayton-Abkommens nutzt“.

Das israelische Kabinett hatte am Freitag beschlossen, die jüdischen Siedlungen zum „nationalen Entwicklungsgebiet“ mit verschiedenen Vergünstigungen für die Einwohner zu erklären und sie auszubauen. Die palästinensische Führung rief zum Widerstand gegen den Ausbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland und im Gaza-Streifen auf. In einer Erklärung des Autonomiekabinetts und des Exekutivrats der PLO vom Samstag heißt es: „Die Palästinenser stehen jetzt vor der Frage: Sein oder Nichtsein.“

Die israelische Luftwaffe hat gestern morgen einen Stützpunkt der pro-iranischen Hisbollah-Milizen im Bekaa-Tal angegriffen. Über Todesopfer oder Schäden lagen keine Angaben vor. Der Luftangriff wurde als Vergeltungsaktion für einen Feuerüberfall der Hisbollah-Kämpfer bezeichnet. Dabei war ein israelischer Offizier verwundet worden.