Italien: Unternehmer gegen Regierung

■ Die Ablehnungsfront gegen die europäische Währungsunion wächst

Rom (taz) – Zum Beginn ihres Parteitags intonierten die Neokommunisten nicht wie sonst die Internationale, sondern „Bella Ciao“, das Lied der italienischen Partisanten gegen die deutsche Besetzung. „Gezügelt werden müssen die Deutschen mit ihren Währungspanzern in der Bundesbank“, tönte es bei der Eröffnung des Kongresses am Donnerstag abend, „nicht die Arbeiter mit ihren sowieso schon moderaten Forderungen.“

Für Fausto Bertinotti, Chef der Neokommunisten, die der Mitte- links-Koalition angehören, ohne ins Kabinett eingetreten zu sein, ist Maastricht das falsche Ziel. „Wir müssen zunächst die Arbeitslosigkeit bekämpfen, die Renten sichern und dann erst Phantasmen wie dem Euro-Geld nachjagen.“

Auf der anderen Seite möchte auch der Fiat-Generalamanager Cesare Romiti, daß Italien seinen Maastricht-Eintritt um zwei oder drei Jahre verschiebt. Sein Interesse: über einen flexibel zu handhabenden Lira-Wechselkurs bis auf weiteres Vorteile auf dem heiß umkämpften Automobilmarkt zu erzielen. „Wir durchlaufen eine dramatische Phase unserer Wirtschaftsentwicklung“, stöhnte er, „und leider haben wir keine wirtschaftlichen Profis an der Spitze unserer Regierung.“

Romiti kämpft auf der Seite von Industrieverbandspräsident Giorgio Fossa. Den erst im Sommer gewählten Hardliner unterstützen vor allem die Jungunternehmer, die dann wahre Beifallsstürme loslassen, wenn Polit-Rechtsaußen Gianfranco Fini von der Nationalen Allianz das Wort ergreift. In einem Frontalangriff warf jetzt Fossa der Regierung politischen Wankelmut, Dilettantismus und inzwischen auch noch Bilanzbetrug vor: „Im Frühjahr wird ein Nachtragshaushalt von mindestens 38.000 Milliarden Lire notwendig sein“ – umgerechnet an die 37 Millionen Mark.

Fossa ist schon für den Euro- Beitritt, möchte aber die angekündigte Europa-Sondersteuer kippen, die die Arbeitgeber besonders fürchten, seit die Regierung mit einer strengeren Überprüfung der vorgelegten Firmenbilanzen begonnen haben. Vom Ertrag der Unternehmen nämlich soll die Höhe der Steuer abhängen.

Die Mitte-links-Regierung des Wirtschaftsprofessors Romano Prodi wehrt sich, so gut es geht. Mit überlegenem Lächeln erklärte Haushaltsminister Carlo Azeglio Ciampi, daß die Aussichten trotz eines minderen Zuwachses im Bruttoinlandsprodukt eher rosig seien – Folge der laufenden Zinssenkungen seit dem Wiedereintritt in das Europäische Währungssystem. Die mit fast zwei Billionen Mark verschuldeten öffentlichen Kassen müßten so deutlich weniger für ihr Debit bezahlen als im laufenden Haushalt angesetzt – von Nachtragshaushalt könne keine Rede sein. Werner Raith