Wand mit Aussicht auf eine bessere Welt

■ Ein neues Mahnmal erinnert an das Konzentrationslager Neuengamme

Eingebunkert, abgeschnitten, eingeschränkt: Assoziationen zum Thema Mauer sind fast immer negativ. Es sei denn, die Betonwand hat einen Riß, wie die des Mahnmals, das Bildhauer Axel Groehl für das Gelände der Deutschen Werft gearbeitet hat. Es soll an die Außenstelle des Konzentrationslagers Neuengamme erinnern, die hier auf der Rüschhalbinsel stand. Umweltsenator Fritz Varenholdt enthüllte gestern, was der Künstler „eine aufstrebende Freiplastik“ nennt. Eine sechs Meter breite und einen Meter achtzig hohe Betonwand, im sogenannten Goldenen Schnitt durchbrochen. In ihrer Mitte steht eine Bronzeplastik mit verhülltem Kopf. Die Figur sieht nichts, mögen Passanten denken, doch der Künstler korrigiert: „Sie sieht eine bessere Welt.“ Hinter dem Tuch hat er eine Gesellschaft ohne Ausbeutung erdacht.

In der Außenstelle des Neuengammer Konzentrationslagers hielten die Nazis etwa 400 Männer fest, die von dort mit Schiffen nach Lübeck gebracht werden sollten. Als die Schiffe den Hafen erreichten, wurden sie bombardiert und sanken. Die meisten Gefangenen ertranken.

Axel Groehl und der Harburger Ortsamtsleiter Uwe Hansen wollen mit dem Mahnmal nicht nur an das Lager erinnern - schließlich werde den Menschen auch heute noch Unrecht getan, so Groehl.

Den Bezug zur Gegenwart sollen die Bäume, die um das Mahnmal gruppiert sind, durch „ihr zyklisches Ergrünen und Erkahlen“ herstellen. Doch davon hat die Figur in der Mitte der Wand nichts. Sie starrt weiter auf das Paradies hinter dem Bronze-Tuch. Judith Weber