Nachgefragt
: Mercedes billiger bauen

■ Betriebsrat Richter über Kostensenkung

Preiswerter produzieren oder arbeitslos werden. Diese Alternativen hat der Mercedes-Benz-Vorstand den Bremer Beschäftigten eingeräumt. Bis gestern sollte der Betriebsrat einen Maßnahmenkatalog einreichen, wie die Produktionskosten für jedes Auto um 700 Mark gesenkt werden können. Werden die vorgegebenen Kostenziele nicht erreicht, will der Vorstand sich für kostengünstigere Standorte entscheiden. Unmißverständlich wurde dem Betriebsrat mitgeteilt, daß das Osnabrücker Karmann-Werk angeblich 25 Prozent billiger produzieren kann, oder, daß in Bremen ein Beschäftigter 80.000 Mark und in Thailand nur 8.000 Mark pro Jahr kostet. Über die Antwort des Betriebsrates auf diese ultimative Forderung, sprachen wir mit dem Bremer Betriebsratsvorsitzenden Udo Richter.

taz: Herr Richter, wie sehen die Vorstandsforderungen aus?

Udo Richter, Betriebsratsvorsitzender: Diese Foderungen bewegen sich vom Entfall von Erholzeiten, über Senkung des Krankenstandes und der Einstiegslöhne bis hin zur Regionalisierung des Lohn- und Gehaltsniveaus, sprich Abzug von fünf Prozent.

Mit welchen Angeboten hat jetzt der Betriebsrat reagiert?

Wir haben gar keine gemacht. Wir haben eigene Forderungen aufgestellt: Ausschluß betriebsbedingter Kündigungen bis 2005, Festschreibung der Anzahl von Auszubildenden auf dem heutigen Mindeststand, Übernahme der Auszubildenden, keine Fremdvergabe bei neuen Technologien.

Wenn der Mercedes-Vorstand dies erfüllt, erfüllen Sie dann seine Forderungen?

Dieser Vorstand wird diese Forderungen nicht erfüllen. Verhandlungsstand sind personalwirksame Einsparungen von 60 Millionen Mark jährlich. Der Vorstand will aber 170 Millionen Mark haben. Die dicken Brocken liegen bei Erholzeiten, Samstagsschichten und Lohn- und Gehaltsabsenkung, über die noch verhandelt werden muß.

Welche Auswirkungen haben die Maßnahmen auf die einzelnen Beschäftigten?

Das geht auf die Knochen der Mitarbeiter, zumal wir 1993 schon einen Maßnahmenkatalog zu bewältigen hatten. Damals hatten wir noch 22 Minuten Erholzeit. Die haben sich jetzt reduziert auf zehn bis zwölf Minuten. Maschinenlaufzeiten haben sich von 16 auf 18 Stunden erhöht. Das heißt, hier werden Neun-Stunden-Schichten gefahren. Es geht langsam an die Substanz.

Halten Sie den Standort Bremen noch für gesichert?

Das läßt sich in der Automobilindustrie nie so genau sagen. Aber wenn die Modellreihen über das Jahr 2000 hinaus nicht auch in Bremen produziert werden, reden wir von einem Beschäftigungsrisiko für 1.200 bis 2.000 Leute – von insgesamt 13.300. Längerfristig wage ich ohnehin zu bezweifeln, daß der Standort in seiner jetzigen Größe so bleibt.

Der Sparreigen hat also auch in Zukunft kein Ende?

Ja! Aber in Bremen ist die Zitrone schon ziemlich ausgequetscht. Man weiß wirklich nicht, wo das noch hinführen soll. Fragen: jeti