Betr.: Schaufensterpuppen von Dinos udn Jake Chapman

Dinos Chapman (31) und sein vier Jahre älterer Bruder Jake kaufen Schaufensterpuppen und modellieren sie zu „Fuckfaces“ um: mutierte Pinocchios und siamesische Zwillingsschwestern mit einer Vagina an den zusammengewachsenen Köpfen. Diese Art freudianischer Alptraum jagt der Kunstwelt seit einiger Zeit Ekelschauer über den Rücken, von „Terroristen-Ästhetik“ der „Bollocks“ aus London ist die Rede.

Den entscheidenden Karriereschub brachte die Ausstellung „Great Deeds against the Dead“ im Oktober 1994 in Londons Victoria Miro Gallery – mit der lebensgroßen 3 D-Kopie einer Hinrichtungsszene nach Goya. Spätestens seit diskutiert wird, ob ihre Figuren mit Genitalüberzug „wirklich Kunst“ sind, können sich beide auf der sicheren Seite der Kunstgeschichte wähnen. Jetzt zeigt das Museum Wolfsburg eine ihrer Installationen in der „Full House“- Show (s. taz, 16.12.). Gewisse Allüren haben sich die jungen Stars im Kunstbetrieb schon angewöhnt: Dinos und Jake Chapman bestehen darauf, alle Fragen kollektiv zu beantworten. Sie sind eben unzertrennlich. Holger Liebs / ICA