Versöhnlichere Töne im Nahen Osten

■ Netanjahu und Arafat wollen Autonomiegespräche fortsetzen. Exaußenminister der USA kritisieren Siedlungspolitik. Im Gaza-Streifen soll eine Straße nach dem Bombenbauer der Hamas benannt werden

Gaza/Jerusalem (AFP/taz) – Nach heftigen gegenseitigen Vorwürfen haben Israel und die Palästinenser wieder versöhnlichere Töne angeschlagen. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Jassir Arafat kamen in einem Telefongespräch überein, die Autonomiegespräche fortzusetzen. Nach Angaben israelischer Regierungskreise mußten US-Diplomaten jedoch erhebliche Anstrengungen unternehmen, um beide Seiten zu dem Telefonat und der Wiederaufnahme der Verhandlungen zu bewegen. Beobachter sehen darin ein Signal für eine stärkere Präsenz der USA im Friedensprozeß.

Für die Wiederaufnahme der Verhandlungen gebe es keine Vorbedingungen, sagte Arafat gestern in Gaza. Er hatte dort tags zuvor zwei Vertraute Netanjahus empfangen. Arafat zufolge erklärte die israelische Seite, sie wolle die Verhandlungen über die geplante Ausweitung der Palästinenser-Autonomie im Westjordanland fortsetzen. Nach palästinensischen Angaben haben sich beide Delegationen seit fast einer Woche nicht mehr getroffen. Die Verhandlungen seien zwar nicht formell unterbrochen, doch sei kein Datum für ein neues Treffen festgesetzt worden. Hauptstreitpunkt ist die Zukunft von Hebron im Westjordanland, das die israelische Armee schon im März hätte räumen müssen. In der Stadt leben rund 400 jüdische Siedler und 120.000 Palästinenser. Arafat sagte, bei den neuen Gesprächen werde es nicht nur um Hebron gehen, sondern um alle strittigen Fragen.

Am Wochenende hatte Arafat gewarnt, die Entscheidung des israelischen Kabinetts, den Siedlungsbau vorrangig zu fördern, sei eine „Zeitbombe“. Netanjahu hatte seinerseits erklärt, führende Palästinenser bereiteten eine neue „Welle der Gewalt“ vor.

Aus Netanjahus Büro verlautete gestern, der Regierungschef habe Arafat versichert, Israel bleibe auch nach einer Einigung zu Hebron der weiteren Umsetzung der Vereinbarungen mit den Palästinensern verpflichtet. Außenminister David Levy soll heute in Jordanien, Verteidigungsminister Jitzhak Mordechai morgen in Ägypten die israelische Siedlungspolitik erläutern. Die israelische Nachrichtenagentur Itim meldete, Netanjahu habe König Hussein gestern ebenfalls telefonisch versichert, sein Land werde den Friedensprozeß mit den Palästinensern vorantreiben.

Acht ehemalige US-Außenpolitiker warnten Netanjahu unterdessen in einem Brief eindringlich vor der geplanten Ausweitung des jüdischen Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten. Dadurch könnte der Friedensprozeß zum Stillstand kommen. Der Brief wurde von den früheren US-Außenministern James Baker, Cyrus Vance und Lawrence Eagleburger, von drei ehemaligen Sicherheitsberatern und zwei einstigen Nahost-Unterhändlern der USA unterzeichnet, wie die New York Times berichtete. In dem Schreiben heißt es, jeder „einseitige Schritt“ Israels wie die Verstärkung der jüdischen Präsenz im Gaza-Streifen und im Westjordanland gefährde die Sicherheit im Nahen Osten und schade den Interessen der USA.

Konfliktstoff kommt dagegen aus dem Gaza-Streifen. Die Stadt Beit Lahija will eine Straße nach dem Bombenbauer der fundamentalistischen Organisation Hamas, Jahja Ajasch, benennen. Ajasch war vor einem Jahr bei einem vermutlich vom israelischen Geheimdienst verübten Anschlag getötet worden. Wie die palästinensischen Behörden mitteilten, liegt die „Märtyrer-Jahja-Ajasch-Straße“ in Beit Lahija in der Nähe des Ortes, wo Ajasch am 5. Januar starb, als in seiner Hand ein präpariertes Funktelefon explodierte. Die Hamas hatte den Tod Ajaschs mit vier Selbstmordanschlägen in Israel gerächt, bei denen 63 Menschen getötet wurden. Die palästinensischen Behörden müssen noch über den Antrag entscheiden.