Moneten-Mielke & Money-Mittag

■ Ehemalige DDR-Spitzen wollen ihr beschlagnahmtes Geld zurück. Berliner Gericht verhandelte gestern darüber

Berlin (taz) – Keiner will an diesem Montag morgen tauschen mit Rechtsanwalt Frank Hildmann, vor allem nicht Richter Klaus Pee: „Ich möchte auch nicht an Ihrer Stelle sitzen, Herr Rechtsanwalt“, sagt er mit einem tiefen Blick über seine halbe Brille hinweg. Da hat es Hildmann schwer, für sein Anliegen zu kämpfen: 560.000 DDR- Mark, also 280.000 D-Mark, aus dem einstigen Besitz von Günter Mittag, dem früheren DDR-Wirtschaftsminister.

Seit dem 30. Juni 1990 ist dieser Batzen Geld gesperrt. Gerade noch rechtzeitig vor der Währungsunion beschloß die Volkskammer das entsprechende Gesetz: Alle Staats- und Parteibonzen sollten vor dem Umtausch Rechenschaft darüber ablegen, ob sie ihre Guthaben rechtmäßig erworben hatten. Ein Sonderausschuß wurde eingesetzt, der in 27 Fällen Unregelmäßigkeiten feststellte und die Konten sperrte. Pech für Günter Mittag, der inzwischen gestorben ist und vor Gericht von seinen Erben vertreten wird, unglücklich auch Erich Mielke. Gestern wurden ihre Klagen vor der 25. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts verhandelt.

Das Gericht mußte darüber entscheiden, ob das Geld tatsächlich unrechtmäßig erworben wurde. Der Einigungsvertrag sieht dafür drei Möglichkeiten vor: strafbares Handeln, gröblicher Verstoß gegen die guten Sitten oder Mißbrauch der staatlichen Funktion.

Bei Mittag und Mielke geht es vor allem um die letzten beiden Punkte. So genoß Genosse Mittag auf Staatskosten den Unterhalt seines Jagdgebiets Tremmersee (600.000 DDR-Mark) sowie jährlich 20.000 DDR-Mark für seine Ehrenmitgliedschaft in der Bauakademie – die hatte er sich selbst durch Anordnung an Bauminister Junker verschafft. Nebenbei ließ er für sich und seine beiden Töchter drei Eigenheime in der Nähe Berlins bauen – in „gleitender Projektierung“, wie es heißt, also ohne jeden Kostenvoranschlag. Die Häuser wurden schließlich komplett eingerichtet – macht zusammen drei Millionen Mark. Zwar nur 5.000 DDR-Mark wert, aber doch erwähnenswert: der Designpreis der DDR für Günter Mittag.

Erich Mielke, der 380.000 D-Mark wiederhaben will, habe sich den Unterhalt seines Jagdschlosses (600.000 DDR-Mark pro Jahr) sowie den Bau eines Hauses in Berlin (700.000 DDR-Mark) bezahlen lassen, so das Gericht. Sowohl Mittag als auch Mielke haben zudem für jeweils 750.000 harte Westmark im Warenlager Wandlitz eingekauft und einfach nur mit ihrem „guten Namen“ bezahlt.

Mielkes Anwalt Stefan König sagte, das Schloß und das Haus seien nicht allein von Mielke, sondern vom ganzen Ministerium für Staatssicherheit genutzt worden. Das Urteil zu diesem Fall wird für Anfang März erwartet. Die Klage Mittags hingegen wurde im wesentlichen abgewiesen. Seine Witwe erhält 22.000 regulär gesparte D-Mark. Richter Pee: „Als wir beim Zusammenrechnen der unrechtmäßigen Einnahmen die von den Erben geforderten 560.000 DDR-Mark erreicht hatten, haben wir Schluß gemacht.“ Florian Gless