Neue Briefe an Kohl

■ Kanzler soll sich für verschwundenen iranischen Schriftsteller stark machen

Berlin (taz) – Helmut Kohl bekommt immer mehr Post in Sachen Faradsch Sarkuhi. Gestern appellierten der Generalsekretär von Reporters sans frontières, Robert Ménard, und die deutsche Sektion der Journalistenorganisation in Briefen an den Bundeskanzler, sich bei der iranischen Führung für den verschwundenen iranischen Schriftsteller einzusetzen. „Wir bitten Sie, Ihren Einfluß bei den iranischen Behörden geltend zu machen, damit Sarkuhis Familie erfährt, wo er sich zur Zeit befindet“, heißt es in dem Schreiben aus Paris. Reporters sans frontières werden zudem im Internet über das Schicksal des Herausgebers der iranischen Literaturzeitschrift Adineh berichten. Im Netz soll auch der offene Brief veröffentlicht werden, den Zarkuhis Ehefrau Faride Zebardschad an Kohl geschrieben hat. Adresse im Netz: http://www.calvacom.fr/rsf/

Bereits am Wochenende hatten deutsche Schriftsteller und Orientfachleute einen ähnlichen Appell an Kohl gerichtet, darunter der Literat Martin Walser, die Orientalistin und Trägerin des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1995, Annemarie Schimmel, und der Leiter des Deutschen Orientinstituts Udo Steinbach. Bisher schweigt Kohl zu diesen Briefen. Aus dem Bundeskanzleramt heißt es, der Regierungschef antworte grundsätzlich nicht auf offene Briefe.

Sarkuhi war am 3. November auf dem Flughafen Teheran verschwunden, als er zu seiner in Berlin lebenden Familie reisen wollte. Die iranische Führung behauptet, er sei ausgereist. Freunde berichten jedoch, Sarkuhi habe am Flughafen eine Verabredung mit einem Geheimdienstler gehabt, und vermuten ihn in einem iranischen Gefängnis. Thomas Dreger