Legosteinborgs aus der nahen Zukunft

■ Verliebt ins Zitat: In „Star Trek – Der erste Kontakt“ fliegt das Raumschiff Enterprise zum achtenmal in Spielfilmformat

Der achte „Star Trek“-Film nutzt wieder einmal ausgiebig das Lieblingsvehikel der „Trek“-Dramaturgie – die Zeitreise. Captain Jean-Luc Picard und die Seinen – serientechnisch gesprochen also die Besatzung der 1987 gestarteten „Next Generation“-Fernsehserie – sind bei einem ihrer chronischen Systemtests auf der Enterprise. Da plötzlich – auch das ein nur allzu bekannter Baustein – sieht sich die Crew bedroht von einer hinterlistigen und eroberungswütigen Spezies: den Borg, die – wie im Film gewitzelt wird – nicht etwa Schwedisch sprechen, dafür aber als aus Maschinenkreaturen bestehendes Kollektivwesen drohen, Schiff und Mannschaft zu infiltrieren. Organisiert wie ein Bienenstaat, werden sie beherrscht von einem Rumpfgeschöpf, ihrem König, der sich jederzeit mittels eines multimedialen Legoprinzips verwandeln kann. Verschlagen, wie Bösewichte nun einmal sein müssen, setzen sich die Borg aus ihrem von der Enterprise zerstörten Raumschiff ab, und zwar in Richtung Vergangenheit und Erde. Hier kommt die besagte Zeitreise in Gang. Die ohnehin schon ewig umhergurkende Enterprise landet, den Borg auf den Fersen, im 21. Jahrhundert, noch dazu an einem Datum, das einschlägigen Trekkies als hochbrisant bekannt ist. Nämlich der „first contact“ betitelten Episode, wonach hier das erste Raumflugmanöver und daraufhin der erste Kontakt mit den Spock-a-liken Vulkaniern stattfand. Bekannte Leute allemal, wer entsinnt sich nicht des Victory- ähnlichen Handgrußes und des Mottos „Live long and prosper!“ der Fremdlinge?

Das aus Fußnoten und Anspielungen wie diesen bestehende Bauprinzip aller späteren Filme und Seriendurchläufe war seit den Tagen ihres Erfinders Gene Roddenberry so angelegt. Jeder weitere Film transportiert also einen Ballast an Verweisen mit sich, die einen Quereinstieg nur mit einem Stapel Fanzines oder einem erfahrenen Trekkie neben sich so recht gelingen lassen.

Inzwischen tauchte eine Episode der ursprünglichen „Star Trek“-Fernsehserie aus den sechziger Jahren auf, die sogar den Holocaust behandelt – in ein außerirdisches Szenario versetzt, versteht sich. In der neuen Episode trifft man auf der in historischer Umnachtung befindlichen Erde einen alten Bekannten, den Erfinder des Warp-Antriebes und Rock'n'Roll- süchtigen Whiskyrebellen. Die wirklich interessante Handlung dreht sich allerdings um das „Lexikon auf zwei Beinen“, den allgemein als Quasi-Nachfolger von Mr. Spock angesehenen Androiden Data. Sein Part ist es, sich ausgerechnet von der alienartigen Borglady becircen zu lassen und sein Spektrum „menschlicher“ Erfahrungen auf diesem Wege zu erweitern.

Nicht nur Leute wie Spock-Darsteller Leonard Nimoy, dessen zwei Bücher mit Selbstgesprächen zwischen Figur und Schauspieler gespickt sind, müssen fast zwangsläufig in die Hermetik des „Star Trek“-Universums abdriften. Die Begründungswut der Filmemacher geht beim neuesten Versuch allerdings ins Bastlerische. So lassen es sich die Enterprise-Leute nicht nehmen, in der eigenen Vergangenheit noch allerlei Unstimmigkeiten zu kitten und schließlich eine historischen Stunde von Anno Tobak – quasi life dazugebeamt – mitzuerleben. Da werden Menschheitsträume wahr, denn der Mensch träumt nicht vom Fliegen allein. Gudrun Holz

„Der erste Kontakt“. Regie: Jonathan Frakes, USA 1996