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„Papa“ ist nicht willkommen

Zaires Präsident Mobutu ist endlich wieder daheim. Aber bei der Begrüßung fehlten sowohl das Volk als auch einige wichtige politische Freunde  ■ Von François Misser

Brüssel (taz) – Die Welt war Zeuge. CNN und französisches Fernsehen waren dabei, als 20.000 Menschen am Dienstag nachmittag den zairischen Präsidenten bei seiner Rückkehr von einem monatelangen Europa-Aufenthalt am Flughafen der Hauptstadt Kinshasa begrüßten. Zehntausende Schaulustige waren auf der Straße zu Mobutus frisch renovierter Residenz im Militärlager Tshatshi. „Willkommen, Papa!“ hieß es auf Transparenten und „Marschall Mobutu für das Überleben der Nation“. Es war die größte Jubelfeier für Mobutu seit 1985, als das Land in Anwesenheit des Königs von Belgien den 25. Jahrestag der Unabhängigkeit feierte.

Aber was das Fernsehen nicht zeigen konnte: Die jubelnde Menge bestand zum großen Teil aus bestellten Beamten und Funktionären von Mobutus Partei MPR („Volksbewegung für die Revolution“). Die soll als Anreiz Geld und T-Shirts mit Mobutu-Aufdruck verteilt haben. Und viele der Schaulustigen auf der Straße waren sowieso, da es Spätnachmittag war, in ihren Sammeltaxis auf dem Heimweg aus dem Stadtzentrum hinaus. Augenzeugen zufolge bekam Mobutu einen deutlich kleineren Empfang als sein ärgster Rivale, Etienne Tshisekedi. Als der Ende November von einem Treffen mit Mobutu in Frankreich nach Zaire zurückkehrte, kamen über 100.000 Menschen, wobei Tshisekedis Partei UDPS („Union für Demokratie und sozialen Fortschritt“) weniger materielle Anreize zu bieten hat als die MPR.

Man kann auch nicht behaupten, daß alle Politiker Zaires sich beeilt hätten, den Landesvater zu begrüßen. Tshisekedi war nicht da. Sein Rivale innerhalb der UDPS, Frederic Kibassa Maliba, der seinen Parteiflügel inzwischen in eine selbständige Organisation verwandelt hat, auch nicht. Ebenfalls abwesend war der Gouverneur der Südprovinz Shaba, Gabriel Kyungu, der als einer der wichtigsten Stützen Mobutus gilt. Der Grund war Druck von der Basis der Kyungu ergebenen Fraktion innerhalb der in Shaba herrschenden Regionalpartei UFERI („Union der Föderalisten und unabhängigen Republikaner“), der sogenannten UFERI-Original. Die hatte am 30. November beschlossen, die Allianz mit Mobutus MPR aufzukündigen und Kyungu bei den kommenden Präsidentschaftswahlen als Kandidaten gegen Mobutu aufzustellen.

Die Parteienkoalition, auf die sich der Präsident stützt, löst sich auf. Mobutu, der in einer Fernsehansprache seinen Willen verkündete, „das trübe gewordene Wappenschild der zairischen Nation wieder zum Glänzen zu bringen“, wird es schwer haben, seine Landsleute davon zu überzeugen, daß es ihm vor allem um die „territoriale“ Integrität Zaires geht.

Mobutus Parteienkoalition löst sich auf

Lambert Mende, Präsident der radikalen Oppositionspartei MNC-L („Kongolesische Nationalbewegung/Lumumba“), sagt, die Mehrheit der Zairer wisse inzwischen, daß der Rebellenaufstand im Osten des Landes keine ausländische Invasion sei, wie die Regierung behauptet, sondern ein „legitimer Kampf“ von „Landsleuten“ gegen Mobutu. Er reklamiert für sich eine gemeinsame politische Heimat mit den Rebellenchefs Laurent-Désiré Kabila und André Kisase Ngandu. Mende, Kisase und der noch immer als Befreiungsheld der 60er Jahre verehrte Patrice Lumumba stammmen alle aus derselben Ethnie. Nun verlangt der MNC-Chef zusammen mit anderen Oppositionellen Verhandlungen zwischen Regierung und Rebellen.

Die Rebellen im Osten Zaires dringen nämlich offenbar weiter vor. Während Mobutu in Kinshasa aus seinem Flugzeug stieg, wurde laut UN-Büro in der ruandischen Hauptstadt Kigali am Rande der Stadt Walikale gekämpft. Walikale liegt an der Hauptstraße vom Osten Zaires in die zweitgrößte zairische Stadt, Kisangani, das 500 Kilometer entfernt ist. Der Brüsseler Sprecher der Rebellen, Gaetan Kakudji, erklärt, man habe Walikale nach fünfstündigen Gefechten eingenommen und viele Waffen erbeutet. Zairische Regierungssoldaten und Angehörige der versprengten ruandischen Hutu- Milizen befänden sich gemeinsam auf dem Rückzug nach Lubutu, 200 Kilometer weiter westlich an der Hauptstraße gelegen.

Dies sei „eine Warnung an Provokateure“, so Kakudji. „Bei der nächsten Provokation wird es einen überproportionalen Gegenschlag geben.“ Von Mobutus Versprechen, den rebellierenden Banyamulenge in Ostzaire die Staatsbürgerschaft zurückzugeben, hält er nichts. „Mobutus Reden sind berühmt. Aber seit drei Jahrzehnten bleiben sie folgenlos. Das Volk braucht Aufbauer und keine Steinzeitjäger wie Mobutu.“

Einen ersten Schritt des Aufbaus verkündeten die Rebellen unlängst gegenüber einer Delegation von deutschen, britischen und US- amerikanischen Diplomaten in der ostzairischen Stadt Goma. Sie gaben bekannt, aus der ehemaligen Residenz Mobutus am Stadtrand mit ihren zehn Mercedes-Luxuslimousinen werde demnächst ein „Mobutu-Museum“.

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