Zweifel statt Bohnenduft

■ Pläne für neues Bremer Kaffee-Museum hängen in der Luft

Der Duft von frischgeröstetem Kaffee liegt in der Luft, wer könnte ihm widerstehen? In der Werbung erliegen ihm grauhaarige Schwiegerväter ebenso wie drahtige Yuppies. Doch was bei jedem Spot seine Wirkung zeigt, scheint in Bremen, der Metropole der Kaffeeröster, kaum einen so richtig anzuregen. Die Idee: Ein Kaffeemuseum mit sinnlichem Drum und Dran. Die Reaktion von Stadtvätern und Kaffeewirtschaft: Eine Belebung wie nach einer Tasse Entkoffeiniertem. Und seit am 11. Dezember bekannt wurde, daß der Tchibo-Konzern den Bremer Kaffeeröster Eduscho übernehmen will, hängen dazu noch Fragezeichen in der Luft.

Dr. Harmut Roder jedoch, Initiator der Idee vom Kaffee-Museum ist Zögerlichkeit fremd. Im Gegenteil. Geboren sei die Idee gewissermaßen als Nebenprodukt der Ausstellung „Bremen Handelsstadt am Fluß“, die er zur Hundertjahrfeier des Überseemuseums konzipierte. Vier Jahre lang habe er die verschütteten Kontakte zu Bremer Kaufleuten wiederhergestellt und Ausstellungsobjekte auch in den Sammlungen der Bremer Kaffeeröster entdeckt. Besonders die Firmen Melitta, Eduscho und Jacobs hatten die Handelsgeschichte der Stadt geprägt. Und Handelsgeschichte, das stellte sich bei den Recherchen heraus, das war zum wesentlichen Teil Kaffee-Geschichte. Noch heute ist Bremen Deutschlands größter Einfuhrhafen für Kaffee, 70 Prozent aller in Deutschland verkauften Kaffeebohnen stammen aus Bremer Röstereien. Und da ein neu entdecktes Dokument die Hansestadt schon im Jahre 1673 – also noch vor Paris oder Hamburg – als ersten nordeuropäischen Kaffeeort erwähnt, ist eine Menge Material beisammen, um die Bremer Kaffestory neu zu schreiben.

Besser noch aufzubrühen, ist man versucht zu sagen, denn Roders Idee vom Kaffee-Museum spricht im wesentlichen die Sinne an. „Verschränkung von Waren und Kulturkonsum“ nennt er seine Vision eines Museums, das nicht nach Bohnerwachs riecht, sondern nach Kaffee in all seinen Verarbeitungsschritten. Kaffee soll hier verlesen, getrocknet, geröstet, verpackt und vor allem gekostet werden. Dafür würden die Gastronomen Ulrich Mickan und Lazi Klein, die ebenfalls Anspruch auf die Museums-Idee erheben, die gastronomische Grundlage bieten. Die gegenwärtigen Betreiber des Übersee-Restaurant planen mit türkischen, wiener und italienischen Kaffeestuben einen sinnlichen Rundgang durch gastronomische Orte der Kaffee-Kultur. Alles in allem eine Überraschung für Augen, Ohren und Nasen der BesucherInnen. Der Effekt solch eines Museums: Einheimische, aber besonders TouristInnen, werden den Geruch des Kaffees nie wieder los und für immer mit Bremen verbinden. Getestet wurde dies bereits in Köln wo der Schokoladenkönig Imhoff ein 40 Millionen Mark teures Schokoladen-Museum auf eine Rheininsel stellte. Seitdem ist Köln die Schokoladen-Stadt. Da es auch Lübeck in jahrzehntelanger Arbeit gelang, Marzipan-Stadt zu werden, stehen die Chancen für Bremen, das Kaffee-Image zu adoptieren, nicht schlecht. Im Prinzip. Doch von Seiten der Stadt tut sich nichts. „Die senatorischen Behörden blockieren sich doch selbst“, faßt Dr. Hartmut Roder seine Erfahrungen zusammen. Und schaut auf die Kaffeewirtschaft.

Einig ist man sich hier höchstens darüber, daß das alles eine gute Idee sei. Vom „Genußtempel“ schwärmt Rolf Helmbrecht, Eduscho-Sprecher, und kann sich ein „firmenneutrales“ Museum vorstellen, dem Eduscho so schöne Exponate wie den „handbemalten Ochsenkarren“ aus dem Besitz des Konzerns zur Verfügung stellt. Jacobs-Sprecher Rolf Sauerbier bleibt skeptisch. „Ich könnte mir eher ein Jacobs-Museum als ein Kaffee-Museum vorstellen.“ Das soll dann in der Böttcherstraße oder im Schnoor installiert werden.

Der Vorschlag, für den sich schon der Präsident der Bürgerschaft Reinhard Metz erwärmen konnte, liegt dagegen ein paar Meter ab vom Weg. Die Baulücke, die von der Rückwand der Bürgerschaft und dem angrenzenden Halbrund des Börsenhofes A gebildet wird, gilt zur Zeit als Favorit. Die Architekten Stechow und Tilgner haben bereits Entwurfsskizzen geliefert: Ein riesiges Glasdach, das den Blick auf den Dom freiläßt, soll 1.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche überdachen und Platz schaffen für die unterschiedlichsten Cafés und Bistros, historische Exponate und Geschäfte, die von Filterpapier bis zur Espressomaschiene alles rund um den Kaffee anbieten. Der Geschmack einer Madellaine hat Proust dazu gebracht, sich fast sein Leben lang mit der „Suche nach der verlorenen Zeit“ zu beschäftigen. Ob der Duft von Kaffee die BremerInnen wohl eher fündig werden läßt? Schließlich wird dem Getränk belebende Wirkung nachgesagt.

Susanne Raubold