Erst stehlen sie unsere Seelen...

■ Der amerikanische Korrespondent Peter Forbath schrieb einen Roman über „die“ Entdeckerreise zum Kongo – ein opulenter historischer Schinken

„Zuerst werden sie unsere Seelen stehlen und dann unsere Körper“, prophezeit der Oberschamane des Königreichs Kongo, Luki a Wene, als die ersten Weißen mit ihrem „Himmelsschiff“ am Kongo-Fluß ankern. Es ist das Jahr 1482. Eigentlich sind die Portugiesen auf der Suche nach dem Seeweg nach Indien. Die Entdeckung des Königreichs Kongo ist ein Nebenprodukt ihrer Expeditionsreisen. Der amerikanische Auslandskorrespondent Peter Forbath hat bereits drei Bücher zu Afrika veröffentlicht. „Der König des Kongo“ ist sein neustes Buch. Es spielt am Kongo- beziehungsweise Zaire-Fluß. Diesen hat Forbath von der Quelle bis zur Mündung auf Raddampfern und Kanus bereist. Und sich dann eine Geschichte von der Entstehung des ersten christlichen Königreichs im westlichen Zentrum Afrikas zusammengereimt.

Der Schiffspage Gil wird durch seine Sprachbegabung Bindeglied zwischen den Portugiesen und den Afrikanern. Er wird im Kongo zurückgelassen. Bis die Portugiesen viele Jahre später wieder am Kongo anlegen, lebt er verbannt auf einer Insel im Fluß. Die Afrikaner fürchten den bösen Zauber des weißen Mannes, seinen Fetisch, die Bibel. Das so herbeigesehnte portugiesische Schiff wird für Gil dennoch zur Enttäuschung: Die zahnlosen, ungepflegten Matrosen sieht er – nun an die natürliche Schönheit Afrikas und seiner Menschen gewöhnt – in ihrer ganzen Häßlichkeit, und vor allem sieht er den Bekehrungswahn des mitfahrenden christlichen Priesters und die Gier der Portugiesen nach unentdeckten Reichtümern.

Gil ist der typische Wanderer zwischen den Welten. Er ist fremd in Afrika und schließlich auch fremd unter den Portugiesen. Sein gebrochener Blick ist der Blick des Erzählers. Er schildert in üppigen Bildern, wie die christliche Religion durch Intrigen unter den Afrikanern und durch die schlichte Kraft der Kanonen leichtes Spiel hat, und er sieht, wie die Schrecken der Inquisition auch vor der schamanischen Naturreligion nicht haltmachen.

So gut sich der Autor in die Rituale und Denkweisen der christlichen Eroberer einfühlt, so wenig zeigt er allerdings von der Denkweise, den Ritualen der Afrikaner. Auch die afrikanischen Protagonisten des Romans bleiben blaß und überzeugen wenig. Die auf dem Cover vollmundig angekündigte Wiedererweckung der kulturellen Traditionen Afrikas und seiner ethnischen Vielfalt findet, wenn überhaupt, nur am Rande statt.

Die Weisheit der afrikanischen Kultur darf der Leser immerhin erahnen. Denn der Schamane Luki a Wene bekommt mit seiner Porphezeiung recht: Die nächsten portugiesischen Schiffe ankern am Kongo, um Arbeitskräfte für Brasilien zu besorgen. Amerika ist inzwischen entdeckt worden.

Alles in allem ist Forbaths Buch ein opulenter, intelligenter, historischer Schinken. Das richtige Buch für träge graue Tage. ed

Peter Forbath: „Der König des Kongos“, Limes Verlag, München 1996, 782 Seiten, 49,80 DM