Bonner Geheimnistuer

■ EU verklagt Bundesregierung wegen mangelnder Öko-Informationen

Brüssel (taz) – Die Liste der Beschwerden ist lang. Die Umweltinformations-Richtlinie der EU verpflichtet die Bundesregierung, Bürgern und Verbänden Auskunft über die Umweltbelastung von AKWs, Industrieanlagen und staatlichen Bauprojekten zu geben. Doch Bonner Ministerien lassen sich allerhand einfallen, um die Richtlinie zu unterlaufen. Die Europäische Kommission hat deshalb gestern Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.

Der Streit zwischen Bonn und Brüssel dauert nun schon fast vier Jahre. Schon mit der Umsetzung der EU-Richtlinie von 1990 ließ sich die Bundesregierung übermäßig Zeit. Erst 1994 erließen die Deutschen das nationale Gesetz – 18 Monate zu spät. Nach Ansicht der EU-Kommission baute Bonn dabei zu viele Ausnahmen und Fallstricke ein. Anstatt alle Ministerien zur Auskunft zu verpflichten, schränkte Bonn die Informationspflicht auf Behörden ein, die „Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen“. So verweigerten die Straßenbaubehörden in Schleswig-Holstein jede Auskunft über Öko-Folgen mit der Begründung, Umweltschutz sei nicht ihre Hauptaufgabe.

Auch läßt Bonn die Behörden nicht nur bei laufenden Gerichtsverfahren schweigen, sondern auch bei laufenden Verwaltungsverfahren. Solange ein Bauantrag oder ein Genehmigungsverfahren für ein Chemiewerk läuft, können die Behörden die Rollos runterlassen. Und eine Bürgerinitiative hat sich in Brüssel beschwert, daß eine Hamburger Behörde für einen Stapel Kopien 80 Arbeitsstunden in Rechnung stellte und dafür 6.000 Mark verlangte. Alois Berger