Kortmann will mehr arbeiten

Die deutschen Volleyball-Männer überzeugen in der EM-Qualifikation gegen Schweden, und der Bundestrainer fordert emsig Reformen  ■ Aus Berlin Matti Lieske

„Es muß jetzt etwas passieren“, sagte Volleyball-Bundestrainer Olaf Kortmann nach dem neunten Platz bei der Europameisterschaft 1995 und fügte hinzu: „Ich will nach der nächsten EM nicht wieder erzählen, was sich alles ändern soll.“ Wie es aussieht, wird ihm kaum etwas anderes übrigbleiben, abgesehen davon, daß sich die Mannschaft erst einmal für die nächste EM qualifizieren muß.

Dabei hat sich durchaus etwas getan, seit Kortmann im Mai 1995 Igor Prielozny als Cheftrainer der Männer-Nationalmannschaft abgelöst hat. Zum einen wurde Olympia verpaßt, weil unglücklicherweise der spätere Bronzemedaillengewinner Jugoslawien im Weg stand, zum anderen hat es der Coach geschafft, seine bewährten Kräfte so zu motivieren, daß ihnen das Volleyballspielen im Auswahlteam sichtlich Spaß macht. Die Folge sind gute Leistungen, wie auch beim 3:0 (15:6, 15:11, 15:9) im Berliner EM-Qualifikationsspiel gegen Schweden. Nach dem 3:0 über Weißrußland der zweite Erfolg in der Gruppe C, der die Chancen auf den ersten Platz, welcher direkt zur EM in die Niederlande führt, bewahrt, auch wenn die schweren Matches gegen Frankreich und die Türkei noch bevorstehen. Die Gruppenzweiten müssen in ein Qualifikationsturnier.

Kortmanns Team mit dem umsichtigen Zuspieler Matthias Häberlein begann vor 1.400 Zuschauern im Sportforum Hohenschönhausen hochkonzentiert. Der Block hielt stand, die Feldabwehr funktionierte, und vor allem Dirk Oldenburg und Bogdan Jalowietzki sorgten für Punkte. „Sie haben uns sehr unter Druck gesetzt“, sagte Schwedens Trainer Wilhelmsson, dessen Mannschaft selten zu ihrem gewohnten schnellen Angriffsspiel fand.

„Das war nur ein kleines Mosaiksteinchen auf dem Weg zur EM“, wiegelte Olaf Kortmann ab, stellte indes befriedigt fest: „Es hat sich ausgezahlt, auf routinierte Spieler zu setzen.“ Hier liegt aber auch der Grund, warum der Coach „nicht euphorisch, sondern abwartend“ in die Zukunft schaut. Während bei den Schweden nur ein Spieler älter als 25 war, gab es im deutschen Team keinen, der jünger als 27 ist. „In drei oder vier Jahren müssen junge Spieler ran“, weiß Kortmann, doch um den Nachwuchs steht es nicht zum besten. Seit der Trainer seine mahnenden Worte nach der EM 1995 sprach, ist die Situation durch das Bosman- Urteil noch schlechter geworden. Zweimal hat sich das Juniorenteam nicht für die EM qualifiziert, und in ihren Vereinen sitzen die Talente fast ausschließlich auf der Bank. Hinzu kommen die Verlockungen des Beach-Volleyballs.

Kortmann sieht sich in derselben Lage wie die Bundestrainer anderer Spielsportarten – Handball, Basketball, Eishockey –, die international immer mehr ins Hintertreffen geraten. „Strukturelle Reformen“ (Kortmann) müßten vollzogen werden, allein, es fehlt das Geld. An Maßnahmen wie etwa das Programm „Road to Sydney“ der Niederländer, die ihre jungen Spieler über einen längeren Zeitraum konzentrieren, zweimal täglich gemeinsam trainieren lassen und dafür bezahlen, ist hierzulande nicht zu denken. Ähnliche Vorstellungen hatte der umtriebige Roland Mader in seiner Zeit als Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) schon vor zehn Jahren geäußert, doch getan hat sich seither nichts. Solche Programme könnten, da der Verband nicht genug Geld hat, nur von privaten Sponsoren finanziert werden. Und diese waren bisher für Volleyball kaum zu begeistern.

„Ich würde gern mehr arbeiten“, sagt Kortmann, der schon mit einem drei- bis viermonatigen Trainingslager der Nationalmannschaft im Sommer zufrieden wäre. Aber auch dafür ist bisher kein Geld da. Ob die altgedienten Nationalspieler überhaupt bereit wären, sich einer solchen Klausur zu unterziehen, müßte ohnehin noch geklärt werden. Solange sie jedoch derart engagiert zu Werke gehen, wie in Berlin gegen Schweden, kann der Bundestrainer zumindest der weiteren EM-Qualifikation und vielleicht auch dem Weg nach Sydney mit einer gewissen Zuversicht entgegensehen. Dann aber muß etwas passieren.