Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Am Achten Tag Belgien/Frankreich 1996, R: Jaco van Dormael, D: Daniel Auteuil, Pascal Duquenne

„Der Belgier Jaco van Dormael wird als ein origineller Regisseur gefeiert, aber sein hochgelobter Film „Toto der Held“ schien mir sehr von Dennis Potters „The Singing Detektiv“ beeinflußt zu sein, und sein neuer Film „Am achten Tag“, für den Daniel Auteuil und Pascal Duquenne (ein Belgier, der am Down-Syndrom leidet) sich in Cannes den Preis des besten Schauspielers teilten, ist eine flämische Version von „Rain Man“. Auteuil, ein Banker dessen Bessenheit von seiner Arbeit seine Ehe zerstörte, findet sich zuerst nur sehr widerwillig dabei, wie er mit Duquenne, einem Flüchtling aus einem Heim, im Auto durch Belgien und Holland fährt. Durch dessen Unschuld wird sein Leben veränderet. Nach einigen bizarren Abenteuern mit blasierten Witzen auf Kosten der normalen Spießbürger, endet dieser sehr selbstgefällige Film damit, daß der Held und seine Töchter einen Baum umarmen.“ (The Observer) Schauburg, UT-Kino, Casablanca (Ol)

Antonias Welt Niederlande/Belgien/Großbritannien 1995, R: Marleen Gorris, D: Willeke van Ammelrooy, Els Dottermans

„Wirklich eine ungewöhnliche Familiensaga, die die holländische Regisseurin Marleen Gorris in ihrem jüngsten Film entworfen hat. Voll Witz und trotz aller Melancholie voll Optimismus steckt ihre generationsübergreifende, manchmal märchenhaft wirkende Chronik, die sich über 50 Jahre erstreckt. Und wie die Jahreszeiten fliegen auch die diversen Schicksale der Figuren vorbei: Menschen kommen und gehen, Leben entsteht und vergeht. Und immer geben starke Frauen, die auch ihre Schwächen haben, den Ton an. Das alles erzählt Gorris mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die mitten ins Herz trifft. Für ihre matriarchale Utopie erhielt sie in diesem Jahr den Oscar in der Kategorie ,bester fremdsprachiger Film'“. (Bremer) Atlantis

B

Basquiat USA 1996, R: Julian Schnabel, D: Jeffrey Whrigt, David Bowie, Dennis Hopper

„Arm, schwarz und 21 war er, als er 1981 in der sehr weißen New Yorker Kunst-Szene seinen großen Wurf landete: Jean-Michel Basquiat, der 1988 an einer Überdosis Drogen starb, hatte ein zerquältes Leben und eine sehr hohe Meinung von seinem eigenen umstrittenen Werk. Der Künstler Julian Schnabel, selbst für Kontroversen und sein großes Ego bekannt, ist der debütierende Drehbuchschreiber und Regisseur, der glaubte, Basquiats Geschichte besser als die Schreiberlinge von Hollywood erzählen zu können. Und dies gelang ihm auch. Jeffrey Wright wirkt magnetisch und bewegend als Jean Michel, und David Bowie zeigt die Einsamkeit in Andy Warhol, die diesen mit Basquiat verband. Schnabel ist am besten, wenn er Jean Michel in seinem Studio zeigt, wie er - trotz schmetternder Musik und plaudernden Freunden - ruhig eine riesige, leere Leinwand bemalt. Die meisten Filme betonen die Schmerzen des Künstlers bei seiner Arbeit (man denke nur an Kirk Douglas als van Gogh in „Ein Leben in Leidenschaft“). Schnabels außergewöhnliche Film ehrt den Freund, indem er den kreativen Akt als Rausch ohne Drogen zeigt. Für Basquiat war das Leben qualvoll, nicht die Kunst. In diesem Film fließt das Talent nur so aus ihm heraus.“ (Rolling Stone) Filmstudio

Bogus - mein phantastischer Freund USA 1996, R: Norman Jewison, D: Gerard Depardieu, Whoopi Goldberg

„Mit „Schwindel“ oder „Hokuspokus“ könnte man den Titel des Films übersetzen. Gemeint ist hier eines jener Wesen, das die amerikanischen Weihnachts-Ghosties belebt. Irgendwo zwischen Peter Pan, Topper, Schutzengel und dem Hasen Harvey ist dieser Bogus, gespielt von Gerad Depardieu, angesiedelt. Ein Kinderfilm nach altbekanntem Muster für die Weihnachtszeit, zwei Stars, die tief in den Klischeetopf greifen dürfen, ein Regisseur, der gute Routinearbeit leistet. Alles gehobener Durchschnitt. Bis auf eine kleine brilliante Tanzeinlage von Depardieu und Whoopi Goldberg - von diesem augenzwinkernden Charme hätte der Film mehr vertragen können.“ (epd-Film) UFA-Stern, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

C

Der Club der Teufelinnen USA 1996, R: Hugh Wilson, D: Goldie Hawn, Bette Midler, Diane Keaton

„Drei ältere Frauen ruinieren in gemeinsamer Freundschaft und Solidarität materiell und libidonös ihre drei Ex-Gatten - so läßt sich der Plot beschreiben und der Film eigentlich auch ad acta legen. Denn bei allen existentialistisch-tragischen Unter- und Nebentönen ist das Ganze doch zu forciert als Klamotte angelegt, um mehr als eine bunte, antidepressive Phantasie abzugeben, die die Zuschauerin vereint mit den Wechseljahren-Hormonen einnehmen kann. Die Logik wie die Bilder dieses Films entsprechen einer Mischung aus den Glanzmagazinen „Brigitte“ und „Häuser“ samt deren Sinn für optischen und ökonomischen Realismus. Allerdings hat der Film drei Ikonen der amerikanischen Schauspielkunst in den Hauptrollen: Goldie Hawn, Diane Keaton und Bette Midler. Die enormen Fangemeinden der drei Diven dürften sich zwar kaum nennenswert überschneiden, dennoch werden diese Stars mit Sicherheit eine Fülle voyeuristischer Geschlechtsgenossinnen ins Kino locken.“ (epd-Film) Schauburg, UT-Kino, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Cosi Australien 1996, R: Mark Joffe, D: Toni Collette, Ben Mendelsohn, Barry Otto

„In den letzen Jahren haben uns einige australische Filme begeistert, die den schrägen Blick auf die menschliche Existenz lehrten. In diesem Film, der nicht ganz an die Glanzlichter australischen Filmschaffens heranreicht, wird es jetzt völlig verrückt: In Mark Joffes „Cosi“ studiert ein junger, unerfahrener Regisseur mit Psychiatrie-Patienten Mozarts „Cosi fan tutte“ ein. „Cosi“ beeindruckt durch Witz, menschliche Wärme sowie ausgezeichnete Darsteller und ist die Verfilmung des gleichnamigen Theaterstückes von Louis Nowra, das in Sydney zu einem Theatererfolg wurde. Nowra sieht in der Welt der Verrückten nicht nur eine Welt des Schmerzes und des Leidens. Für ihn ist es auch eine Welt voller Wunder, in der man wie Alice auf ihrer Reise ins Wunderland vieles lernen kann, vor allem über Menschlichkeit.“ (epd-film) Atelier

D

Devil In A Blue Dress USA 1995, R: Carl Franklin, D: Denzel Washington, Don Cheadle, Jennifer Beals / Originalfassung ohne Untertitel

Raymond Chandler hat solche Szenen geschrieben, Humphrey Bogart ähnliche Rollen gespielt. Sogar Ort und Zeit entsprechen genau den Vorbildern, denn „Devil In A Blue Dress“ spielt 1948 in Los Angeles. Und doch ist Alles anders, den dieser hartgesottene Held ist schwarz. Präsident Clintons Lieblingsautor Walter Mosley hat dem Genre mit seiner Romanserie über den Privatdetektiv Easy Rawlins diesen neuen, afroamerikanischen Dreh gegeben und Denzel Washington verkörpert Rawlins im Film mit einer für das Genre ungewöhnlichen Eleganz. Regisseur Franklin beschwört hier das Los Angeles der 40er Jahre so nostalgisch herauf wie vorher nur Polanski in „Chinatown“. „Die Straßen waren schwarz nicht vom Dunkel der Nacht allein.“ schrieb Chandler. Mosley und Franklin haben neue Schattierungen für dieses Schwarz gefunden. (hip) Kino 46

Dragonheart USA 1995, R: Rob Cohen, D: Dennis Quaid, Pete Postlethwaite

„Die Wiederbelebung des Abenteuerfilms für den Markt der neunziger Jahre. Nicht, daß „Dragonheart“ seine Geschichte vom letzten Drachen, der mit einem Drachentöter ein einträgliches Gauklergechäft aufzieht, aber auf tragische Weise mit einem despotischen Herrscher verbunden ist, nicht ernst nehmen würde. Aber die Modernisierungen lassen seine Komik immer wieder angestrengt wirken. Der computernanimierte Drache allerdings ist ein lebendiges Wesen geworden, nicht zuletzt durch die Stimme von Sean Connery, dessen Witz und Melancholie Mario Adorf in der deutschen Fassung leider nur unzulänglich wiedergibt.“ (tip) UFA-Palast, Ufa-Stern, City

E

Extrem USA 1996, R: Michael Apted, D: Hugh Grant, Gene Hackman, Sarah Jessica Parker

„Hugh Grant ist der Arzt, dem die Frauen vertrauen. Und nicht nur dies. Als brillianter Mediziner rettet er in der Notaufnahme eines New Yorker Krankenhauses pausenlos Leben, grimassiert gesteßt und streicht sich sympathisch-fahrig durch die Haare - ganz der alte Hugh aus dem Erfolgslustspiel „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“. Jedenfalls bis er die Machenschaften eines Forscherkartells entdeckt, das Obdachlose zu medizinischen Versuchen mißbraucht. Dann wird „Extrem“ (produziert von Grants Lebensgefährtin Elisabeth Hurley) zu einem Thriller, dessen einzige Daseinsberechtigung darin besteht, Hugh bei einem Image-Wechsel zu assistieren. Schaut her: Er kann auch den gejagten, tragischen Helden mimen. Wir schauen. Aber nicht 118 Minuten lang. Da lassen wir uns lieber zu medizinischen Versuchen mißbrauchen.“ (Der Spiegel) UFA-Stern, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhof-Kino (Ol)

F

Fargo USA 1995, R: Joel Coen, D: Frances McDormand, Steve Buscemi

„Amerika sieht manchmal aus wie Sibirien. In der pechschwarzen Kriminalkomödie „Fargo“ von den Coen Brothers könnte man fast schneeblind werden - so eisig, weiß und leer ist hier die Winterlandschaft von Minnesota. Wenn sich das Personal aus einem Aki-Kaurismäki-Film in eine makabere Farce von Quentin Tarantino verirrt hätte, wäre dabei etwa so ein Film wie „Fargo“ entstanden. Die Landeier im tiefsten amerikanischen Hinterland werden von den Coens mit dem gleichen boshaften Witz beschrieben wie die texanischen Rednecks in ihrem Debüt „Blood Simple“. An diesen frechen Film über inkompetente Gangster, denen ihre verbrecherischen Pläne schnell über den Kopf wachsen, schließt „Fargo“ direkt an. Ein kurz vor dem Bankrott stehender Autohändler läßt selber seine Frau entführen, aber die beiden dazu angeheuerten Gangster gehen den Auftrag extrem ungeschickt und brutal an. Vom Blutbad wird dann auf Marge geschnitten, eine hochschwangere Polizistin, die mit dicken Fausthandschuhen und Pelzmütze bewaffnet, den Fall so stur und unaufhaltsam löst wie eine mütterliche Version von Columbo.“ (hip) Schauburg

Farinelli Belgien 1994, R: Gerard Corbiau, D: Stefano Donisi, Jeroen Krabbe

„Um den mystischen Glamour des legendären Kastraten Farinelli (1705 bis 1782) dreht sich dieser opulente Spielfilm, der den Farinelli zwar mediengerecht verfälscht hat und die Historie effektvoll zurechtbiegt, aber auch ein sehenswertes Bild vermittelt von der Faszination eines Phänomens und der Epoche, die es anhimmelte.“ (Der Spiegel) Gondel

G

Glimmer Man USA 1996, R: John Gray

„An ihren Silicon-Brüsten sollt ihr sie erkennen! Super-Cop Jack Cole jedenfalls schließt anhand der Implantate sofort, die Leiche vor ihm müsse Russin sein. Mit seinem messerscharfen, buddhistisch geschulten Verstand stellt er blitzschnell die Verbindung von einem Serial-Killer über die Russenmafia zu einem gutsituierten Geschäftsmann her. Der wiederum versucht, ihn als Polizisten zu diskreditieren. Aber nicht mit Jack Cole, ehemals CIA! - Auf seine alten Tage wird selbst Steven Segal ganz zahm. Seine zynischen Law-and-order-Spektakel warteten schon mal mit mehr Krach, Bumm und Peng auf.“ (tip) Ufa-Stern

Der Glöckner von Notre Dame USA 1996, R: Gary Trousdale

„Disney hat Victor Hugo auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht und ein harmloses Vergnügen veranstaltet, bei dem die Nebenfiguren den Stars wieder mal die Show stehlen. (Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Muwi (Ol)

H

High School High USA 1996, R: Hart Bochner, D: Jon Lovitz, Mekhi Phifer, Louise Fletcher

„Kann eine Parodie besser sein als das Original? Kein Problem, wenn die Vorlage so schlecht ist wie die Schulschmonzette „Dangerous Minds“. David Zucker, ein Drittel des legendären ZAZ-Teams, produzierte diesen albernen Spaß mit Jon lovitz, der sich als High-School-Lehrer mit allerlei harten Jungs herumschlagen muß. Die Schule ist so multikulturell, daß drei Simultan-Übersetzer pro Klasse nötig sind.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

I

Independence Day USA 1996, R: Roland Emmerich, D: Will Smith, Bill Pullman, Jeff Goldblum

„Emmerich und seine drei Drehbuchschreiber bedienten sich unverfroren und geschickt bei den Erfolgsrezepten aus früheren Blütezeiten des Genrekinos: Da ist einmal die paranoide Grundstimmung der Science-Fiction-Filme aus den 50er Jahren mit der Angst vor dem Fremden und den militaristischen Lösungen. Der mittlere Teil des Films erinnert an die Desasterfilme aus den 70er Jahren. Hier werden die Außerirdischen wie eine Naturgewalt dargestellt - wie Erdbeben, Vulkanausbruch und Wirbelsturm in einem. Und schließlich liefert Emmerich einen Gegenentwurf zu den netten Begegnungen der dritten Art von Spielberg, denn diese ,E.T.s' sind alles andere als dessen sanfte Märchenfiguren. Emmerich ist immernoch ein recht simpler Erzähler, der ohne jede Ironie zitiert, im Finale so viel wie möglich herumballert und am liebsten an seinen Spezialeffekten herumbastelt. Aber all das verselbstständigt sich diesmal nicht wie in seinen früheren Filmen, sondern wird durch ein smartes Drehbuch und die durchweg erstklassigen Schauspieler veredelt. Gerade Emmerichs Naivität ist vielleicht der Grund, warum ,Independence Day' in den USA solch ein sensationeller Erfolg ist.“ (hip) City

Irren ist männlich Deutschland 1995, R: Sherry Hormann, D: Herbert Knaup, Corinna Harfouch

„Warum sehen deutsche Komödien immer aus, als seien sie dem „Schöner Wohnen“-Sonderheft „So mache ich mehr aus meiner 200-qm-Wohnung“ entnommen? Alles ist teuer und „tres chic“, und am Ende steigt man in sein neues Mercedes-Cabrio. So auch in dieser platten Vaterschaftskomödie um eine haarsträubende, konstruierte Verwechslungsgeschichte, die kein Klischee einer „Deutschen Komödie“ ausläßt und talentierte Darsteller wie Herbert Knaup, Axel Milberg und Richy Müller als „Väter der Klamotte“ mißbraucht.“ (V. Bleek) UT-Kino,

J

Jane Austen's Verführung England 1995, R: Roger Mitchell, D: Amanda Root, Ciara Hinds

„So absichtlich, wie man „Sense ans Sensibility“ in „Sinn und Sinnlichkeit“ verdreht hat, macht man nun aus „Persuasion“, was Überredung oder Überzeugung bedeuten mag, „Verführung“: Als verlange das Publikum, selbst in einem solchen Fall, mit falschen Versprechungen geleimt zu werden. Der Film selbst tut nichts davon: Er erzählt auf eine geradezu altmodisch liebevolle und feinfühlige Art, wie das Mauerblümchen Anne Elliot sich gegen allen Klatsch und Tratsch durch Ausdauer sein Glück verdient, und er hat in Amanda Root eine Hauptdarstellerin, die mit dem Charme und der rotbackigen Frische eines Winteräpfelchens den Sieg dieser geborenen Verliererin beglaubigt. Was für ein Balanceakt: ein Film, in dem die großen Liebenden einander auf Schritt und Tritt begegnen und doch über ein paar gequälte Höflichkeiten hinaus kein Wort zu wechseln vermögen - bis ganz vor Schluß. Das ist, alles in allem, kein Kinostück, um dreifach hurra zu schreien, doch ein Vergnügen.“ (Der Spiegel) Gondel

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarienette jenseits der Sprache ausdrücken kann - genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“ (Der Spiegel) Cinema, City

Die Jury USA 1996, R: Joel Schumacher, D: Metthew McConaughey, Sandra Bullock

„Dies ist ein wirklich merkwürdiger Film! Der Roman von John Grisham, auf dem er basiert, handelt vom Prozeß gegen einen Schwarzem, der die beiden Weißen erschoßen hat, die seine Tochter vergewaltigt haben. Nun ist dies nicht gerade ein allzu populärer Stoff, und die Filmemacher haben sich mit einer ganzen Reihe von Subplots aus diesem Dilemma herausgeschummelt. Sie erzählen nun in erster Linie von dem netten, smarten Anwalt, der den Angeklagten verteidigt. Sandra Bullock wird zwar großartig als der Star des Films angekündigt, spielt aber nur eine ganz unbedeutende Nebenrolle. Auch sonst gibt es noch einen ganzen Haufen Schauspieler mit großen Namen, die kaum etwas zu tun bekommen. Außerdem ist der Film längst nicht so liberal, wie er vorgibt. Die Rassenfrage wird darauf reduziert, daß es ganz in Ordnung ist, wenn ein Schwarzer sich mit einer Waffe an den bösen Weißen rächt, und das ist dann doch etwas zu simpel.“ (Chris Tookey) UT-Kino

K

Kopf über Wasser USA 1996, R: Jim Wilson, D: Harvey Keitel, Cameron Diaz

„Ein idyllischer Urlaub auf einer einsamen Insel wird für George (Harvey Keitel) und Nathalie (Cameron Diaz) zu einer mörderischen Angelegenheit. Während George über Nacht zum Fischen hinausfährt, taucht bei Nathalie unangemeldet der Ex-Liebhaber auf. Am nächsten Tag liegt der Ex tot im Bett und muß beseitigt werden, was nur noch mehr Leichen nach sich zieht. In Anlehnung an „Arsen und Spitzenhäubchen“ und „Immer Ärger mit Harry“ beleuchtet diese schwarze Komödie die Problematik der Leichenbeseitigung von allen Seiten und variiert die alte Weisheit: Auch Wassersport ist Mord.“ (tip) UFA-Stern, Wall- & Ziegelhof-Kino (OL)

L

Leading Man Großbritannien 1996, R: John Duigan, D: Jon bon Jovi, Lambert Wilson, Barry Humphries

„Wer begehrt wen? Eine Theaterclique im Rausch der Hormone. Das alles kommt ihnen ziemlich bekannt vor? Stimmt. Denn das seicht vor sich hinplätschernde Psychodrama „Leading Man“ bietet nichts weltbewegend Neues. Ob der intrigante und verführerische Actionstar (John Bon Jovi) die Gattin des renomierten britischen Bühnenautors letzten Endes ins Lotterbett zehrt oder nicht - das interessiert den Zuschauer bald nicht mehr die Bohne. Was übrigens nicht - wie zu befürchten war - an Softrocker Bon Jovi liegt. Der Barde und Schauspieleleve schlägt sich in seiner ersten Filmrolle wacker und gibt sein Bestes. Das Drehbuch läßt ihn und seine Partner dagegen öfter mal im Regen stehen.“ (Cinema) City

Die Legende von Pinocchio Deutschland/Großbritannien/Frankreich 1996, R: Steve Barron, D: Martin Landau, Udo Kier

„Die kleine Holzpuppe möchte so gerne ein richtiger Junge sein. Und mit ein bißchen Hilfe von den „Muppet“-Puppenkünstlern um „Turtles“-Regisseur Steve Barron wurde dieser Klassiker der Jugendliteratur zu neuem Leinwandleben erweckt. Gut wie immer: Oscar-Preisträger Martin Landau (,Ed Wood') als Gepetto.“ (TV-Spielfilm) Schauburg, UFA-Stern, UT-Kino, Kino 46

Liebe und andere Katastrophen Australien 1996, R: Emma-Kate Croghan, D: Matt Day, Matthew Dyktynski, Alice Gardner

„Für einen Apfel und ein Ei von einem Haufen Filmschul-Absolventen inszeniert (Drehbuchautorin und Regisseurin Croghan war zu der Zeit gerade 23 Jahre alt), hat diese süße und flotte Universitäts-Komödie ein erfrischend zeitgenössisches Flair. Ausnahmsweise glaubt man den Schauspielern wirklich einmal das Alter der Figuren, die sie spielen. Da ist nichts besonders Originelles an dem romantischen „Bäumchen wechsle dich“ des Films, aber Croghan hat einen angenehmen, leichten Stil, und ein geschicktes Auge dafür, was auf der Leinwand anziehend wirkt.“ (Time Out) Atelier

M

Mikrokosmos Frankreich/Schweiz/Italien 1995, R: Claude Nuridsany, Marie Perennou

„15 Jahre Vorbereitung, drei Jahre Drehzeit, sechs Monate Schneiden von 80 Kilometer Filmmaterial haben sich gelohnt: „Mikrokosmos“ entführt in eine Zauberwelt voller Metamorphosen, in der Wesen über das Wasser laufen und Mücken wie Wassernympfen im Mondlicht flirren. Im Mittelpunkt der Naturdokumentation des französischen Forscherteams stehen die Insektenbewohner einer Wiese. Mit Hilfe von speziellen Kameras gelangen den Forschern ungewöhnliche Aufnahmen, beispielsweise von der Argyronet-wasserspinne, die ihre Beute in einer selbstgeschaffenen Luftblase verspeist. Mit seinen phantastischen Bildern, den hinreißend schönen Landschafts- und Himmeleinstellungen dürfte „Mikrokosmos“ auch im Kino sein Publikum finden.“ (Silke Schütze) Schauburg, UT-Kino

N

Napoleon - Abenteuer auf vier Pfoten Australien 1995, R: Mario Andreacchio

„Der Golden-Retriever-Welpe namens Napoleon erlebt aufregende Abenteuer in der wilden Natur Australiens. Er lernt die ebenso bunte wie gefährliche Tierwelt kennen, und kehrt glücklich wieder heim. Ein faszinierender Tierfilm - hätte man auf die Musik gesetzt, den Tieren keine Stimmmen ins Maul gelegt und statt dessen einen Erzähler genommen. Doch so verliert die wunderbar inszenierte Geschichte ihren besonderen Zauber.“ (tip) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhof-Kinos (Ol)

P

Paris, Texas Deutschland/Frankreich 1984, R: Wim Wenders, D: Harry Dean Stanton, Nastassja Kinski

„Travis, der vier Jahre lang verschollen war und aus der Wüste in die Zivilisation zurückkehrt, befindet sich auf der Suche: Nur ist er der erste aller Wenders-Helden, der genau weiß, was er finden möchte. Zunächst ist es die Sprache, der er sich wieder zu bedienen lernen muß, dann ist es sein Sohn, dessen Liebe er zurückgewinnt. Und gemeinsam begeben sich die beiden auf die Suche nach der Frau und Mutter und finden sie in einer Peep-Show. Was dabei der Mann erlebt, wirkt wie die Summe aller durchlittenen und versäumten Lernprozesse, von denen Wenders in seinen vorausgegangenen Filmen erzählt hatte. Souverän wie nie zuvor vereint er die Tugenden des europäischen Autorenkinos mit denen des Hollywood-Kinos; das heißt auch: den Intellekt mit der Sinnlichkeit. Und wie nie zuvor in seinen Filmen entstehen Beziehungen zwischen den Gefühlen der Figuren und den texanischen Landschaften, die sie umgeben. Wenders erzählt mit einem bis dahin in seinen Arbeiten nicht bekannten Mut, Gefühle nicht nur, gleichsam visuell sublimiert, den Bildern anzuvertrauen. Jetzt werden sie auch ausgesprochen.“ (Hans Günther Pflaum) Kino 46

S

Sherlock Holmes und die sieben Zwerge Deutschland 1994, R: Günter Meyer, D: Alfred Müller, Ellen Schwiers

Selbst in harmlosen Kinderfilmen werden jetzt schon postmodern die Genres durcheinandergewürfelt. Woran sollen die Kinder denn noch glauben, wenn es jetzt schon so weit gekommen ist, daß Hauptkommissar Hans Holms den Fall des entführten Schneewitchens und der gestohlenen letzten Seiten des Märchens aufklären soll? Demnächst gibt es dann „Rotkäppchen und Frankenstein.“ (hip) Gondel

Star Trek - Der erste Kontakt USA 1996, R: Jonathan Frakes, D: Patrick Stewart, Brent Spiner, Marina Sirtis

„Die leidige Frage, ob dieser neue, tricktechnisch exzellente Star-Trek-Streifen denn auch ein guter Film sei, zielt wie bei seinen Vorgängern ins Leere. Ein Mythos ist weder gut noch schlecht. Wer an Star Trek glaubt, wer den Geist der Fernsehserie und ihren Erzählrhythmus verinnerlicht hat, wird auch „Der erste Kontakt“ mögen. Schließlich beantwortet der Film nicht nur die brennende Frage, wie das war, damals im 21. Jahrhundert, als Mensch und Vulkanier einander zum ersten Mal „Live long and prosper“ wünschten. „Der erste Kontakt“ schreibt auch die Geschichte des Androiden Data weiter, der seinem Ziel, ein Mensch zu werden, dank der verführerischen Borg Queen wieder ein Stück näher gekommen ist.“ (tip) Europa, Ufa-Palast und Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

T

Todas - am Rande des Paradieses Deutschland 1996, R: Clemens Kuby

„Ein formal und inhaltlich einfühlsam gestaltetes ethnologisches Filmdokument über das kleine Volk der Toda, die von der modernen Zivilisation noch weitgehend unberührt ein selbstgenügsames, spirituell reiches Leben als Sammler und Hirten in Südindien führen. Doch ihr innerer Frieden und ihr Lebensraum ist bedroht durch fremde Kultureinflüße und wirtschaftliche Fortentwicklung.“ (tip) Cinema

Tödliche Weihnachten USA 1996, R: Renny Harlin, D: Geena Davis, Samule L. Jackson

„Stell Dir vor, Du bist Profikiller und weißt es nicht! Die unter partieller Amnesie leidende Lehererin Samantha Caine, die mit Mann und Tochter bis dato ein idyllisches Familienleben führt, wird eines Tages zur Zielscheibe unangenehmer Zeitgenoßen. Geena Davis macht auch als weiblicher Bruce Willis eine gute Figur, doch der innere Konflikt ihrer Rolle ist kaum nachvollziehbar. Renny Harlin, finnischer Regisseur und Ehemann von Geena Davis, kann ohne Zweifel gut mit Action und Explosionen umgehen; aber reicht es, am Schluß einfach alles, was sich nicht wehrt, in die Luft zu jagen? Wohl nicht.“ (V. Bleeck) UFA-Stern, UT-Kinocenter

Trainspotting Großbritannien 1995, R: Danny Boyle, D: Ewan McGregor, Ewen Bremner

„Trainspotting war einmal ein Buch, das Theaterstück wurde und dann Film. Dieser fischt bevorzugt die komödienhaften Elemente aus dem Stoff heraus und treibt sie auf die Spitze. Lustig splattert der Kot, mit dem Spud sich im Drogendelirium nächtens eingesaut hat, beim Frühstück über Gesichter und gebackene Bohnen. Schon lacht das Kino. Dann wieder kommt riesengroß DIE SPRITZE ins Bild und macht uns gruseln - so nah liegt alles beieinander! Die Szene, in der Renton zwei unfreiwillig verlorene Opiumzäpfchen aus einer verstopften Toilette fischt, hat Regisseur Dany Boyle ('Kleine Morde unter Freunden') als surrealistischen Slapstick inszeniert - einmal in die Kanalisation des Unbewußten und zurück. Ein Hauch von Monty Python liegt über dem Ganzen, der signalisiert: Dies hier ist aus U.K.-Zutaten zusammengemixt. Der Kult um die Geschichte einer Vorstadtclique beweist zweierlei: Die Junkies sind unter uns und Britannien produziert wieder ,Lebensgefühl'“ (taz) UFA-Stern

U

Die unendliche Geschichte Deutschland 1983, R: Wolfgang Petersen, D: Noah Hathaway, Tilo Prückner

„Der Film erzählt etwa die erste Hälfte des Romans von Michael Ende nach. Regisseur Petersen hat den Aufwand, die Tricks und die technische Perfektion nicht einfach zur Schau gestellt, er hat sie genutzt, um eine spannende Geschichte zu erzählen, um dem Zuschauer ein phantastisches Universum für seine eigenen Träume anzubieten. Michael Ende hat sich von dem Film distanziert, weil er sein Buch auf der Leinwand nicht wiederfand. Sein Vorbehalt mag stimmen, doch die „Filmversion“ seines Romanes ist sicher auch aller Ehren wert.“ (Reclams Filmlexikon) Atlantis

V

Der verrückte Professor USA 1996, R: Tom Shadyac, D: Eddie Murphy, James Coburn

„Tom Shadyac, der Regisseur von Jim Carreys erstem ,Ace Ventura'-Film, versucht ein Comeback für den von Flops geplagten Eddie Murphy zu inszenieren, indem er die Jerry-Lewis-Komödie aus dem Jahre 1963 recycelt, in der dieser einen schüchteren Chemieprofessor spielt, der sich durch eine Chemikalie in einen Playboy verwandelt. Lewis hatte mit persöhnlichen Dämonen zu kämpfen als er hierfür das Drehbuch schreib, Regie führte, die Hauptrolle spielte und so den Filmhit produzierte, den selbst viele von seinen schärfsten Kritikern mochten. Murphy hat jetzt seine eigenen Dämonen. Sie mögen ihn als den ausgeflippten, 200 Kilo schweren Professor Sherman Klump gar nicht erkennen, aber wenn er abnimmt und als der arrogante Buddy Love auftritt - einem schleimigen Egotomanen, der am lautesten über seinen eigenen Witze lacht, Frauen wie Spielzeuge behandelt und mit Freuden Shermans Karrier vernichtet, dann folgt der Schock des Wiedererkennens. Murphy macht sich gnadenlos über seine eigenen schlechten Gewohnheiten lustig und wenn er dies macht, hat der Film genug pointierten Humor, um ein Comeback zu rechtfertigen. Eddie Murphy ist wieder witzig.“ (Rolling Stone) UFA-Stern

Versprochen ist Versprochen USA 19996, R: Brian Levant, D: Arnold Schwarzenegger, Sinbad, James Belushi

„Der Film zum Merchandising. So weit mußte es ja irgendwann kommen: Arnold Schwarzenegger als besorgter Daddy, der bis zur Bescherung unbedingt das neue Superspielzeug für den Sprößling auftreiben muß. Was kommt als nächstes? De Niro läuft Amok, weil die Batterien im Gameboy fehlen? Demi Moore zeigt alles auf der Suche nach „Striptease-Barbie“? Wir können's kaum erwarten.“ (V. Bleek) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

W

Wallace & Gromit Großbritannien 1994, R: Nick Park und andere

Sieben Animationsfilme der Produktionsfirma Aardman, darunter die beiden ersten von Nick Park mit dem inzwischen oscargekrönten Kinopaar, das gute Chancen hat, als die gekneteten Erben von Laurel & Hardy in die Filmgeschichte einzugehen. Wallace ist ein typisch britischer Spießbürger im Strickpullover und vollgestopft mit abgedroschenen Redensarten, Gromit ist sein kluger Hund, der Zeitung und das Handbuch für Hundeelektronik liest. Zusammen suchen sie Käse auf dem Mond und kämpfen gegen einen bösen Erz-Pinguin. (hip) Cinema

Wiedersehen auf Bullerbü Schweden 1962, R: Ole Hellbom, D: Kay Anderson

„Fortsetzung der Astrid Lindgren Erzählung „Die Kinder von Bullerbü“ und der Serie mit schwedischen Kinderfilmen, in denen das heitere und idyllische Leben von Kindern in einem kleinen Dorf beschrieben wird. Der einzige dramatische Konflikt des Films besteht darin, daß ein kleiner Junge mit einem lockeren Zahn Angst vor dem Zahnarzt hat. (hip) UFA-Palast