Altes Gesicht

■ Alle Jahre wieder reist Herbert Feuerstein durch die Welt und von Sender zu Sender (25.,26. und 30.12., 19 Uhr, Sat.1)

Herbert Feuerstein reist wieder. Fürs Fernsehen war der ehemalige Sidekick von Harald Schmidt wieder in einigen exotischen Gegenden, in denen er ein paar mehr oder minder humorige Beobachtungen gemacht hat: Mexiko, Ostafrika und Hawaii. Hatten wir das nicht schon mal im letzten Jahr?

In der Tat: Ein Blick ins Privatarchiv bestätigt, daß „Feuersteins Reisen“ schon im vergangenen Jahr zu Weihnachten auf dem Programm standen – damals allerdings bei seinem ehemaligen Haussender, dem WDR. Daß die drei neuen Folgen jetzt bei Sat.1 zu sehen sind, läßt schlechte Karriereplanung oder öffentlich-rechtliche Finanznot vermuten. Oder beides.

Am Format hat sich nichts geändert. Es gibt dieselbe Art von Witzchen („Ich stehe hier mitten auf dem Äquator. Man sieht ihn gar nicht“), bloß daß Feuerstein diesmal eben in Hawaii, in Mexiko und in Ostafrika war, und daß es diesmal Werbepausen geben wird. Eigentlich kein Wunder, daß die Produktionsfirma 08/15 heißt.

In den drei Sendungen trifft sich der „Reporter der Windrose“ mit postmodernem Zynismus: Die Folge über Ostafrika beginnt mit dem Vorspanntitel „Diesseits von Afrika“, dann folgt der Hinweis „diesmal bezahlt von Sat.1“, doch dann erfahren wir, daß in Ostafrika „die Wiege der Zivilisation“ stand. Und dann kriecht Feuerstein auf allen vieren durch die Savanne, um zu demonstrieren, wie man sich vor dem Beginn der Zivilisation voran bewegte. Später ist von „knackigen Kriegern“ die Rede, Feuerstein bekommt bei den Massai in Tansania Nachhilfeunterricht im Tanz, macht eine Ballonfahrt in Kenia und schippert im Tropenanzug den Viktoriasee entlang. Das wirkt oft wie ein schlechter Scherz, manchmal wie ein Abenteuerfilm für Kinder aus den fünfziger Jahren, und manchmal stöhnt man hilflos: „Deutsche im Ausland!“ Doch wenn man es mit dem besserwisserischen und paternalisierenden Ton der meisten Reisesendungen vergleicht, ist „Feuersteins Reisen“ wenigstens nicht schlimmer als der Durchschnitt.

Reiner postkolonialer Dünkel ist es nicht, den wir in „Feuersteins Reisen“ zu sehen bekommen. Feuerstein war lange genug Chefredakteur bei Mad und tapert darum wie ein Grzimek gewordener Woody Allen durch die Welt. Er bricht seine eigenen eurozentrischen Beobachtungen mit Nonsense, der manchmal auch ihn selbst und seine eigene Borniertheit entlarvt. Dann macht Feuerstein irgendeinen Unsinn, über den auch die Afrikaner lachen müssen, und durchbricht so für einen Augenblick die Regeln, nach denen die Berichterstattung über das andere im Fernsehen normalerweise funktioniert.

Nicht, daß Feuerstein so richtig wüßte, in welcher Kultur er sich gerade bewegt oder wo genau er eigentlich ist. Aber in seinem – mittlerweile doch recht stark aus den Fugen geratenen – Alte-Damen- Gesicht kann man doch manchmal Zweifel an der eigenen Rolle und der ganzen Show lesen. Wie jeder anthropologische Film sagen diese Sendungen mehr über die Kultur, aus der der Berichterstatter kommt, als über die Länder, von denen er Mitteilung machen will. „Feuersteins Reisen“ wird Ethnologen wahrscheinlich noch jahrzehntelang Rätsel aufgeben. Tilmann Baumgärtel