Das Hohe Lied auf den Müllwerker

■ Service, Seelsorge und Schotensammlung in einem: das Kundentelefon der BEB

agen Sie, wann wird denn bei mir der Müll abgeholt“, will eine alte Dame am Telefon wissen. Ein Routinefall, denkt Andreas Zupke, einer der Mitarbeiter des Kundentelefons der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB): „Das wäre bei Ihnen am Freitag.“ „Freitag? Nee, das paßt mir überhaupt nicht.“

„Das sind so Höhepunkte“, grinst BEB-Pressesprecher Friedhelm Behrens. „Abholpläne können wir wegen ihr vermutlich nicht ändern.“ Wenn aber Wünsche und Fragen zum Thema Müll und seine Entsorgung eine Nummer kleiner ausfallen, ist man beim Kundentelefon der BEB an der richtigen Adresse. Über 1.400 Mal in der Woche hören die acht Kundenberater den Anrufer-Satz: „Guten Tag, ich hab da mal eine Frage.“ „Und bei einer bleibt es meistens nicht“, weiß Telefonist Zupke.

Besonders vor den Feiertagen ist der Andrang riesig. Viele geben in der Warteschleife auf. „Und dabei haben wir alle schon rote Ohren“, sagt Zupke. Zugezogene wollen wissen, wie das Bremer Müllsystem funktioniert, Bastler möchten ihre angemalten Schiffsmodellrümpfe entsorgen. Die meisten Striche auf der Telefonthemenliste finden sich vor Weihnachten in der Rubrik „Bremer Abfall Kalender“. Der ist für das neue Jahr gerade wieder erschienen. „Jetzt rufen alle an, die beim Verteilen vergessen worden sind“, erklärt Zumpfe.

Ob Hinterhäusler oder Namensschildlose – alle bekommen das gute Stück auf Verlagen nachgesandt. Auch beim Feld „Termine“ ist die Liste wegen der Feiertage lang. „Was ist denn mit Neujahr, wenn sonst am Mittwoch geleert wurde?“ Kein Problem, der Anrufer bekommt den Termin genannt, wann der Müll stattdessen abgeholt wird und dankt.

Eine alte Dame will die Abteilung Verbrennung sprechen. „Ich hab' nämlich Sperrmüll bestellt. Und mein Sohn trägt jetzt meine guten Möbel raus. Das macht er immer, wenn wir Streit hatten.“ Der Streich mißlingt, die Möbel werden abgefangen. Zupke: „Helfen können wir fast jedem.“

Jedenfalls solange man zuständig ist. Die Dame, die ultimativ einen Briefkasten in ihrer Straße fordert, muß das BEB-Kundentelefon enttäuschen. Anderen kann jenseits der Dienstvorschriften geholfen werden, wie Behrends erzählt: „Einmal rief eine Frau an und fragte, wie sie ihren verstorbenen Hund entsorgen könne, weil der anfing zu stinken. Mit der habe ich dann mehr als eine halbe Stunde über das Tier geredet. Das war mehr Seelsorge als alles andere.“

Auch bei Gebühren- und Behördenfrust ist das Kundentelefon als Punchingball beliebt. „Nach Gebührenerhöhungen motzen viele, daß wir persönlich damit unsere Pfründe vermehren. Wenn man dann weiter fragt, kommt oft raus, daß sie eigentlich mit dem System oder ihrem Leben unzufrieden sind“, glaubt Pressesprecher Behrends. Doch auch ohne spezifische Ausbildung hat das Kundentelefon-Team genug Erfahrung gesammelt, um Motzkis schon zum Gesprächsanfang zu entschärfen und schwierige Sachverhalte einfach zu klären. „Vermieter wissen nicht, ob ihre Tonne 700 oder 1.100 Liter faßt, aber jeder kann sehen, ob sie vier Räder hat. Also fragt man eher sowas“, verrät Zupke.

Und ab und zu werden die Telefonisten gar zu kleinen Alltagshelden - etwa, als der Geschäftsmann anrief, der einen Scheck über 7.000 DM ins Altpapier gegeben hatte. Den Scheck zu sperren hätte laut dem Geschäftsmann nicht genügt: „Von dem Geschäftspartner bekomme ich sicher keinen neuen.“ Schließlich war der Aussteller der Bremer Vulkan. „Den Container haben wir noch vor der Leerung ausfindig gemacht. Der Mann hat dann sehr, sehr lange das Altpapier durchwühlt, aber er hat seinen Scheck gefunden,“ grinst Behrens.

Auf ganz ähnliche Art und Weise kam die russische Delegation wieder zu ihren Brieftaschen, die im Maritim Hotel üppig gefeiert und die guten Stücke in den Papierkorb geworfen hatte. Der Korbinhalt wurde am nächsten Tag ordnungsgemäß mit dem Rest des Mülls in Richtung Verbrennungsanlage abtransportiert. Ein Anruf beim Kundenetelefon genügte, um den Müllwagen zum Entleeren zur Deponie umzuleiten, wo drei murrende Hotelangestellte die Brieftaschen herausklauben mußten.

„Das sind so Fälle, wo gut beratene Anrufer sich erneut melden, um zu danken“, freut sich Behrens und verrät dann, was die bisherige Krönung für die Mitarbeiter der Kundentelefons war: Eines Tages wurde am anderen Hörerende Heinz Erhards berühmtes „Hohelied auf den Müllwerker“ angestimmt: „Auf! Auf! Auf und Auf! Laßt uns von Tonne zu Tonne eilen, wir wollen dem Müll eine Abfuhr erteilen!“ Behrens: „Das war wirklich ergreifend.“

Wenn Sie das Kundentelefon der BEB ereichen möchten, weil Sie Fragen zum Thema Müllentsorgung oder einen toten Hund im Haus haben oder das Hohe Lied für den Müllwerker absingen möchten, wählen Sie

Lars Reppesgaard