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■ Radunski: Bund soll wichtige Kulturinstitutionen übernehmen. Kultureinrichtungen sollen Wirtschaftlichkeit, Management und kaufmännisches Handeln lernen

Kultursenator Peter Radunski (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, daß der Bund sich einige der großen Kulturinstitutionen in Mitte „selbst zu eigen macht“. Dies wäre die beste Lösung im Hinblick auf den Ende 1998 auslaufenden Hauptstadt-Kulturvertrag, über den dann neu verhandelt werden müsse, sagte Radunski in einem dpa-Gespräch. Im alten Stadtzentrum liegen unter anderem die Staatsoper Unter den Linden von Daniel Barenboim, das Konzerthaus am Gendarmenmarkt und das traditionsreiche Deutsche Theater mit Thomas Langhoff an der Spitze.

Unabhängig von allen finanziellen Problemen müsse klarwerden, daß die Kulturszene der deutschen Hauptstadt eine der wichtigsten und identitätsstiftenden Bestandteile Berlins ist. Er werde die kulturellen Leuchttürme genauso fördern wie den „brodelnden künstlerischen Untergrund“ mit der Aufregung und Unruhe des Neuen. Berlin müsse sich allen neuen künstlerischen Tendenzen öffnen und an die Spitze dieser Entwicklung stellen, wozu nicht zuletzt die Eröffnung des Hamburger Bahnhofs als international vielbeachteter „Tempel der modernen Kunst“ schon beigetragen habe.

Bei aller Planungssicherheit, die die Bühnen und anderen Institutionen nach den Verunsicherungen über immer neue Sparauflagen endlich erhalten müßten, warne er aber vor einer falschen Gleichung, die gute Kultur nur mit viel Geld gleichsetze. Kreativität sei ohnehin nicht bezahlbar, und mit zehn Millionen Mark mehr könne man nicht unbedingt bessere Oper machen. Hier sei auch ein viel besseres Management als bisher gefragt.

„Es ist ein Umdenken beim Geld gefordert, die Kulturpolitik ist überall im Umbruch, auch in Frankfurt am Main oder Paris.“ Die bisherige Kulturpolitik habe Wirtschaftlichkeit nicht gekannt. „Jetzt verlangen wir Wirtschaftspläne über das, was man sich leistet, mit Einnahmevorgaben, ein eigenverantwortliches kaufmännisches System, das manche schon weit entwickelt haben und andere erst noch lernen werden.“ Allerdings dürften die Verantwortlichen in diesen Häusern nicht dauernd von Finanzproblemen geplagt werden. Sie sollten auch wieder freie Hand für künstlerische Kreativität bekommen.

In der Rückschau sprach Radunski trotz allem von einem glänzenden Jahr für die Berliner Kultur. Vor allem sei es ein ganz außergewöhnliches Ausstellungsjahr gewesen, vom Hamburger Bahnhof über die Sammlung Berggruen bis zu Corinth und Baselitz sowie der „Kunst aus Afrika“ oder der Zeughaus-Schau „Kunst und Macht im Europa der Diktaturen 1930–1945“.

Nicht zuletzt die Kunsthandelsmesse european art forum, die im internationalen Kunstmarkt eine Sensation gewesen sei, habe gezeigt, daß Berlin nach Basel und Köln nun auf dem Weg sei, eine Kunststadt zu werden. Ein Höhepunkt im Ausstellungsjahr 1997 werde zweifelsohne die neue Zeitgeistschau „Kunst im 20. Jahrhundert“ im Martin-Gropius-Bau sein. dpa