■ Nachschlag
: Teufelsberg Produktion mit "Croco diabolo", trashiger Kleinkunst

Bis zur Pause spielen sie sich noch etwas warm, hängen am Text und sind eifrig bemüht, ein richtiges Stück zu spielen. Das aber paßt zu den genialen Dilettanten der Teufelsberg Produktion einfach nicht. In zehn Jahren Bühnenpraxis haben sie sich nicht von ungefähr als konsequent subversives Element in der Off-Szene etabliert, die das Boulevardtheater okkupierten, als das noch lange nicht en vogue war, die die modischen wie musikalischen Geschmacklosigkeiten der Schlagerwelt und der siebziger Jahre zelebrierten, als von einer kommerziellen Vermarktung des Revivals noch keiner zu träumen wagte. Teufelsberg Produktion steht für Chaos, für Trash am Rande des Wahnsinns, für pubertäre Geschmacklosigkeiten und ungebrochenen Spieltrieb. Da ist ein allzu starres Textkorsett nur hinderlich. Daran hat sich dann, trotz aller Bemühungen mal richtig nach Textbuch und ohne allzu große Extempore zu spielen, nicht viel geändert. Irgendwann hat das Quartett auf der Bühne die Nervosität überwunden und den Mut gefunden, mal wieder die Sau rauszulassen. Da tobt das Publikum dann gleich auch viel heftiger.

Die Story ist hanebüchen und schnell erzählt. Die Exlehrerin Karin Höhne aus Haselhorst (Ades Zabel) ist den Besitz der weltweit einzigen Handtaschenbombe gelangt und auf gutem Wege, die Weltherrschaft zu übernehmen. Wenn man sie lachen hört, macht Frau Höhne ihrem Namen alle Ehre, ansonsten ist sie eine schrullige Frau, die zu wirklich Bösem fähig ist, obgleich sie als erste Amtshandlung den Zweiminutentakt bei der U-Bahn einführen möchte. Ihr Plan geht natürlich nicht auf, trotz der tatkräftig mordenden Unterstützung durch Hans Minski (Olaf Wriedt), der erdbeermundige Gehilfe, der nicht nur im Aussehen und im monotonen Genöle gewisse Ähnlichkeiten mit einem Herrn Kinski hat. Weiterhin wirken mit: die tattrige, schwerhörige Haushälterin Agnes Windweg (Robert Schneider), die reizende Retterin der Welt und Tochter des Handtaschen-Erfinders, Marianne Peitsch-Kupsch (Petra Krause) und ein ganzer Trupp schrecklicher Damendarsteller.

Die sind zugleich auch mit ihren Szenen in der „Krocodil Bar“ der geniale Höhepunkt. Wahrscheinlich zum ersten Male kommt jemand auf die eigentlich so naheliegende Idee, die überkommenden Travestieshows à la „Chez Nous“ mit all ihrer ach so verruchten Atmosphäre, abgehalterten DarstellerInnen samt ebenso angestaubten Herrenwitzen durch den Kakao zu ziehen und mit den eigenen Waffen zu schlagen: der Travestie. Ein abgewracktes Trio singt und tanzt mit viel Chichi und näselnden Stimmen vor gelangweilten Gästen, die mit billigem Fusel um den teuer bezahlten Champagner betrogen werden. Eine grandiose und zugleich so wahrhaftige Gemeinheit! Passend zu den Anleihen an Edgar Wallace & Co. haben Kai Schormann und Chris Determann eigens für die Show einen überzeugend authentischen sechziger Jahre Easy-Listening-Soundtrack komponiert. Axel Schock

Bis voraussichtlich Ende Februar, Mi–So 20 Uhr im BKA-Zelt