Wann sind Schmerzmittel sinnvoll?

■ betr.: „Strafverfolger auf dem Hor rortrip“ vom 19. 12. 96, „Die Kiffer sterben nicht aus“, vom 21. 12. 96

Dieser unser „Rechts“-Staat ist zu einem kranken, gnadenlosen Zyniker mutiert, für den ich mich schäme, denn das kann er auch nicht. Uns zum Teil Todkranken das wirksame Medikament Cannabis zu verweigern, zu beschlagnahmen (also zu entziehen) und uns zu kriminalisieren, ja, in die Kriminalität zu treiben, ist nach meiner Auffassung eine ganz besonders perfide Form (neu)deutschen Euthanasiedenkens. Petra V.

„Divinum opus est sedare dolorem.“ Daß die Linderung von Schmerzen eine göttliche Tat ist, habe ich vor 20 Jahren auf der Fachschule gelernt. Die Praxis: Seitdem habe ich hektoliterweise Desinfektionsmittel verpanscht, zentnerweise Antibiotika verabreicht. Schmerzmittel: laut Anordnung nur tröpfchenweise (Fachausdruck: fraktioniert). Alles muß schön sauber bleiben!

Als ich infolge eines schweren Schädelbruchs selber im Krankenbett lag, mußte ich meine KollegInnen um jede Ampulle Schmerzmittel förmlich anbetteln. Sie verfuhren mit mir wie üblich: In Deutschland wird laut Studie um 200fach zuwenig Schmerzmittel angeordnet. Warum: Deutsche Ärzte, die Weltmeister in der Anordnung anderer Medikamente sind, betrachten die Verschreibung von Betäubungsmitteln als Sünde [Das tut der Gesetzgeber bekanntlich auch: siehe BTM-Gesetz, die säzzerin]. Und das wären noch synthetische Morphiate, von deutscher Pharmaindustrie steril verpackt ... Was wollen wir noch Cannabis?

Ein Volk, dessen Religionssymbol ein Qualinstrument ist, soll selber auch leiden. Dieses Symbol steckt auf jeder Turmspitze, hängt in öffentlichen Gebäuden, im Gerichtssaal, im Klassenzimmer. Auch in Krankenzimmern; Zehntausende von Krebskranken, Schwerverletzten, Infizierten liegen unter dem Kruzifix und bekommen nicht die nötige ärztliche Versorgung. Nämlich 200fach zuwenig.

Wenn Leiden christlich ist, so müssen Schmerzmittel ein Teufelswerk sein. Cannabis: die Kacke des Leibhaftigen! Ob der Beamte, der in Berlin vor dem Fest der Nächstenliebe Schwerkranken ihr Medikament beschlagnahmt hat, auch ein Kreuz auf Kettchen um den Hals hängen hat? War seine Tat göttlich? Oder christlich? Ich befürchte Schlimmeres: Er wollte noch schnell sein Jahressoll erfüllen, bevor er auf Weihnachtsurlaub geht ... Georg Pelle, Krankenpfleger, Leipzig

Um einem besonders in Kifferkreisen weitverbreitetem Irrtum entgegenzutreten: Haschisch ist sehr wohl eine Droge mit potentiell tödlicher Wirkung. Eine Menge von etwa einem Zentner, aus einer Höhe von einem Meter schwungvoll auf den Kopf beziehungsweise Halswirbelsäulenbereich appliziert, führt in fast allen Fällen zum Exitus!

Eine genauere Bestimmung der LD 50 (d.h. der Menge, welche bei 50 Prozent der Probanden zum Tode führt) konnte bisher noch nicht durchgeführt werden, da das US-Justizministerium aus humanitären Erwägungen die Erprobung an zum Tode Verurteilten bisher ablehnt. Es wird aber erwartet, daß in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr als auch der Autoindustrie in nächster Zukunft eine Versuchsreihe mit Schweinen als Tiermodell eröffnet werden kann.

Ich hoffe, daß die taz diese Ergebnisse zu gegebener Zeit veröffentlichen wird, um einen weiteren Beitrag zur Versachlichung dieses doch überwiegend emotional diskutierten Themas zu leisten. Eckart Josewski