Ein Pleitier und Minister wird Filmstar

Die taz fragt in ihrer Jahresendzeitserie: Was wurde aus Bernard Tapie, der einst Milliarden besaß, in der Regierung Mitterrand mitmischte und Sportvereinen zu gekauften Siegen verhalf  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Der Mann ist robust. Noch robuster als Stiernacken, Gewinnerlächeln und kernige Sprache vermuten lassen. Bernard Tapie hat erst vor wenigen Monaten sein eigenes Ende erlebt: Ein Gericht erklärte ihn für bankrott, er hat sein Milliardenvermögen verloren, wurde wegen Unterschlagung und Bestechung zu mehreren Gefängnisstrafen verurteilt, ihm wurden fast alle politischen Ämter aberkannt, und er darf nirgends mehr kandidieren. Trotzdem spricht er von Zukunft – und behauptet, sich darauf zu freuen.

Der 53jährige Bernard Tapie, der als Schlagersänger und Fernsehgeräteverkäufer begann, der sich später darauf spezialisierte, Pleiteunternehmen aufzukaufen, zu sanieren und gleich wieder abzustoßen, der mehrere Sportklubs finanzierte und es im Schatten von Präsident François Mitterrand bis zum Minister brachte – dieser Selfmademan geht zum Film. Einen ersten Streifen hat er bereits gedreht. „Hommes, femmes, mode d'emploi“ (Männer, Frauen, Gebrauchsanweisung) vom französischen Regisseur Claude Lelouch lockte in der ersten Woche allein in Paris über 100.000 Menschen an. Tapie spielt darin einen Anwalt, der krumme Geschäfte betreibt und nach schwerer Krankheit in eine Sinnkrise gerät.

Tapie hat mit Lelouch günstige Konditionen ausgehandelt. Der Hauptdarsteller kassiert 2,85 Francs (zirka 0,85 Mark) pro Eintrittskarte – womit er bereits im November bei drei Millionen Francs angelangt war. Besser gesagt: wäre. Denn die französische Justiz hat die Einnahmen beschlagnahmt, um wenigstens einen Bruchteil der Steuerschulden von Tapie einzutreiben. Der Filmstar tut, als kümmere ihn das nicht. Er will weiterdrehen und hat auch schon einen neuen Auftrag. Am 10. Januar sollen die Arbeiten beginnen. Mit „einem charismatischen Regisseur des neuen französischen Films“, sagt Tapie. Mehr verrät er nicht.

Der Mann hat allen Grund wegzuwollen von da, wo er ist. Bereits jetzt ist er wegen Steuerhinterziehung, Bestechung und Betrugs zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, davon 14 Monate ohne Bewährung. Und bei den laufenden Verfahren können noch eine Menge weitere Freiheitsstrafen dazukommen. Überall da, wo früher Tapies Erfolg strahlte, ist heute Elend. Der Fußballklub „Olympique Marseille“, als dessen langjähriger Präsident Tapie mindestens einen Sieg vorab kaufte, ist mit dem Stempel „korrupt“ versehen. Sein Wahlkreis im südfranzösischen Gardanne stimmte nach Tapies erzwungenem Ausscheiden aus dem Parlament zu 40 Prozent für einen Rechtsextremen und wählte nur ganz knapp einen Kommunisten. Das auf mehrere hundert Millionen Francs geschätzte Mobiliar Tapies war bei der Zwangsversteigerung nur noch ein Zehntel wert, und seine Segeljacht und sein Pariser Stadtpalast finden überhaupt keine Käufer. Tapies Partei „Radical“ ist praktisch verschwunden, die Sozialisten haben sie verdrängt. Und Tapies Schulden – 1,2 Milliarden Francs bei der Crédit Lyonnais und mindestens 120 Millionen beim Fiskus – werden ihm lebenslänglich anhaften. Jetzt steht er vor der Kamera – bis seine Strafen rechtskräftig werden und er ins Gefängnis muß. Oder bis die Taten verjährt sind, und Tapie von vorn anfangen kann.

Morgen fragt die taz: Was wurde aus Horst- Dieter Esch?