Unter Bettlern

■ Unwirtliches Ansinnen: Voscheraus Bettler-Erlaß grandios gescheitert

In Hamburg ist Straßenreinigung noch Chefsache: Nach viel Überzeugungsarbeit gelang es Bürgermeister Henning Voscherau (SPD), seinen Innensenator Hartmuth Wrocklage für seine urbane Sauberkeitshysterie zu gewinnen. Bettler, Junkies und andere „Randständige“ sollten mittels neuer Gesetze von den „Visitenkarten“ Innenstadt und Hauptbahnhof vertrieben werden. Das Papier, das die Innenbehörde auf Voscheraus Drängen lustlos anfertigte, firmierte unter dem Namen „Maßnahmen gegen die drohende Unwirtlichkeit der Stadt“.

Unwirtlich wurde es dann aber für den Bürgermeister. Nicht nur Obdachlosenprojekte und Drogenhelferszene heulten auf. Auch die SPD schämte sich des Bürgermeisters. Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel bezeichnete die Vertreibungspläne als „platten Populismus“ und „Kehrtwende“ der Sozialpolitik. Mit dem Titel „Unwirtlichkeit“ würde die „Assoziationskette Wirt-Unwirt-Parasit“ ausgelöst, schimpfte Eimsbüttels SPD-Chef Heinz Uthmann. Im Zusammenhang mit Menschen sei das völlig inakzeptabel.

Auch die Liberalen schwammen auf der Anti-Bettler-Welle. FDP-Chef Hans-Joachim Widmann schlug vor, die handaufhaltenden Habenichtse zu besteuern. Diesen irrwitzigen Vorschlag mußte er mit seinem Chefsessel und einem Nervenzusammenbruch bezahlen. Voscherau indes durfte im Amt bleiben, mußte allerdings seinen Bettler-Erlaß Ende Oktober wieder dorthin packen, wo er hingehört: in den Giftschrank.