Bahn will Solardach nicht bezahlen

■ Die Sonnenzellen zur Energieerzeugung im Dach des neuen Lehrter Bahnhofs sind der Bahn AG zu teuer. Architekt von Gerkan soll Entwurf verändern. Kosten würden um über eine Million Mark steigen

Beim Bau des neuen Lehrter Zentralbahnhofs am nördlichen Spreebogen treten Schwierigkeiten beim Bau sowie der Finanzierung auf. Nach Informationen der taz übersteigen die Kosten des vom Architekten Meinhard von Gerkan (Hamburg) geplanten Solardaches das Budget der Bahn AG bei weitem. Die Bahn drängt nun darauf, daß von Gerkan seine Entwürfe verändert.

In das lange gebogene Glasdach des Zentralbahnhofs, das sich über 420 Meter in Ost-West-Richtung erstreckt, sollen an der Südseite Photovoltaikzellen zur Stromgewinnung integriert werden. Der Architekt legt in seinem Entwurf Wert darauf, daß sich die Form der einzelnen Zellen der geschwungenen Dachkonstruktion anpaßt. Dazu müßten die eigentlich quadratischen Solarzellen aber zu Dreiecken und anderen geometrischen Formen geschnitten werden.

Das erhöhe die Kosten der Energiefänger um rund 70 Prozent, heißt es bei der Kölner Lieferfirma Pilkington Solar International. Statt rund 2,1 Millionen Mark würden die Photovoltaikzellen dann 3,5 Millionen kosten. Die Gesamtkosten des Solardaches könnten sich damit von knapp 5 auf 6,5 Millionen Mark erhöhen. Das ist dem Auftraggeber Deutsche Bahn AG zuviel.

In Verhandlungen mit Pilkington und von Gerkan wird derzeit nach Lösungen gesucht, die Kosten zu mindern und die Solarmodule aus den gängigen quadratischen Zellen zu bauen. Ziel der Bahn bleibt es, das Dach so zu konstruieren, daß die Form der Solarzellen nicht verändert werden muß. Über den Stand der Gespräche wollte die Bahn AG gestern keine Auskunft geben.

Die Kosten der umweltfreundlichen Energieanlagen halten sich für die Bahn jedoch in Grenzen. 40 Prozent der ursprünglichen Investitionssumme übernimmt wahrscheinlich die Europäische Union aus dem Fördertopf des „Thermie- Programms“. Insgesamt veranschlagt man die Aufwendungen für den neuen Bahnhof auf rund 1,6 Milliarden Mark.

Der Zentralbahnhof soll im Jahr 2002 in Betrieb gehen und die alte Ost-West-Strecke vom Bahnhof Zoo bis zum Alexanderplatz mit der neuen Nord-Süd-Linie verknüpfen. Die Intercity-Züge von Hamburg nach Dresden und Leipzig werden auf unterirdischen Gleisen in den Bahnhof rollen. Um die Neubautrassen aufzunehmen, wird gegenwärtig der Tiergartentunnel gebaut. Außerdem ist geplant, den Transrapid ebenfalls in den Lehrter Bahnhof einmünden zu lassen. Die Züge in West-Ost- Richtung werden auch in Zukunft überirdisch auf dem Viadukt verkehren.

Bei der Planung des Lehrter Bahnhofs hat es in der Vergangenheit schon einmal gehakt, weil die Bahn AG für die vorgesehene angrenzende Mantelbebauung für Dienstleistungen, Büros und Geschäfte keine Investoren hatte auftreiben können. Die Büroflächen wurden daraufhin reduziert. Hannes Koch