Straßburg ohne „Straßburg-Preis“

■ Stadt und Universität distanzieren sich vom Hamburger Mäzen Alfred C. Toepfer wegen dessen „Pangermanismus“

Berlin (taz) – Das Europäische Parlament nannte ihn einst „einen der größten und verdienstvollsten Europäer unserer Zeit“. Mit einem ähnlichen Heiligenschein hat ihn seine Heimatstadt ausgestattet: In Hamburg war er Ehrenbürger und Ehrensenator der Universität und erhielt Preise über Preise. Und als Alfred C. Toepfer 1993 starb, hieß es, der Kaufmann und Mäzen habe trotz seiner einjährigen Haft 1937 dem Nazi-Regime vehement widerstanden.

Merkwürdig nur, daß sich Alfred C. Toepfer 1939 freiwillig zur deutschen Wehrmacht meldete. Merkwürdig auch, was seit über einem Jahr in Straßburg für heftigen Streit sorgt – und jetzt zum Ende der Beziehungen zwischen der Straßburger Universität und der Hamburger FVS-Stiftung geführt hat.

Danach soll Toepfer den Nationalsozialisten näher gestanden haben, als die deutsche Öffentlichkeit bisher wahrgenommen hat.

Die FVS-Stiftung gründete Toepfer 1931. Mit ihr sollte ursprünglich die Schaffung, Einrichtung und Erhaltung von Jugendherbergen gefördert werden – Toepfer war Anhänger der Wandervogelbewegung. Heute ist die Stiftung die größte gemeinnützige in Deutschland. Ihr Vermögen wird auf mehr als 200 Millionen Mark geschätzt, von denen mehrere Millionen alljährlich in Form von Kulturpreisen in ganz Europa unter die Leute gebracht werden. So zum Beispiel auch der „Straßburg-Preis“ und die „Straßburg-Goldmedaille“ für Menschen, die sich um die deutsch- französischen Beziehungen verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern zählen unter anderem ARTE-Präsident Jerôme Clement und Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt.

Der Preisträger wurde bisher in einem gemeinsamen Gremium aus Vertretern der FVS-Stiftung und der Universität Straßburg ausgesucht. Doch damit ist jetzt Schluß. Bereits im Oktober hatte Straßburgs Bürgermeisterin Catherine Trautmann den Hamburgern mitgeteilt, daß die Stadt nicht mehr mit dem Preis in Verbindung gebracht werden möchte. Jetzt zog auch die Universität nach.

Im letzten Jahr hatte die Zeitschrift Saisons d'Alsace einen Artikel veröffentlicht, in dem die Vergangenheit Toepfers in ein wahrhaft rechtes Licht gerückt wurde. Die Vorwürfe werden nun durch ein Dossier gestützt, das sieben Historiker und Journalisten in Straßburg veröffentlicht haben.

Danach habe Toepfer mit der FVS-Stiftung pangermanisches Gedankengut verbreiten wollen, um somit das Fundament für eine ethnische Erneuerung Europas zu legen. Mit Stiftungsgeldern seien zudem elsässische Nazis und Separatisten unterstützt worden.

Schließlich soll Toepfer bei der Zwangsrekrutierung junger Elsässer beteiligt gewesen sein. Auch der ehemalige Präfekt der Region Haut-Rhin, René Paira, schreibt, Toepfer sei „immer ein überzeugter Pangermanist und aktiver Anhänger des Vereins „Deutschtum im Ausland“ gewesen. Die FVS- Stiftung sagte zur taz, man werde frühestens nächste Woche zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Florian Gless